Rückschau: Vortrag beim 28. Deutschen Fleischkongress der Lebensmittel Praxis

Essen wird wichtiger Teil des Lifestyles und ist für viele junge Menschen heute die neue “Superkraft” – Foto: © Lebensmittel Praxis

Essen wird wichtiger Teil des Lifestyles und ist für viele junge Menschen heute die neue “Superkraft” – Foto: © Lebensmittel Praxis

Junge Leute haben heute eine ganze Menge an berechtigten Fragen, wenn es ums Fleisch geht. Die Fleischbranche sollte ihre Chance zur Beantwortung dieser Fragen nicht verstreichen lassen.

Auf dem 28. Deutschen Fleischkongress der Lebensmittel Praxis habe ich auf dem Petersberg bei Bonn über mögliche Zukunftsszenarien für die deutsche Fleischwirtschaft gesprochen.

Auf Lebensmittel-praxis.de findet sich jetzt ein kurzer Nachbericht dazu.

Zuhörer aus Industrie, Handwerk und Landwirtschaft beim 28. Fleischkongress der Lebensmittel Praxis - Foto: © Lebensmittel Praxis

Zuhörer aus Industrie, Handwerk und Landwirtschaft beim 28. Fleischkongress der Lebensmittel Praxis - Foto: © Lebensmittel Praxis

Schluck-Magazin: Wählen mit der Gabel - Was hat Macht mit Essen zu tun?

Mit Eva Biringer vom Schluck-Magazin habe ich mich über meine Interesse an der digitalen Essgesellschaft und das Verhältnis von Politik und Essen unterhalten.

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(…) So einer ist Hendrik Haase und seine Botschaft an die Welt und vor allem an die Politik die folgende: Macht was aus der Macht! Haase, Vollbart, markante schwarze Brille, empfängt in einem weihnachtlich dekorierten Co-Working Space in Berlin-Mitte. Auf dem Konferenzraumtisch liegen, neben einer Kanne Earl Grey und einem Lebkuchenteller, Bücher über Systemtheorien.

Es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass der 35-Jährige einer der klügsten Köpfe der deutschen Food-Szene ist. Gerade beschäftigt er sich mit der digitalen Essgesellschaft, künstlicher kulinarischer Intelligenz und der neuen Gründerzeit, die eigentlich Gründer*innenzeit heißen muss, auch wenn das nicht so schmissig klingt, schließlich treiben genug Frauen die Bewegung mit nach vorne. Ema Paulin zum Beispiel, die das erste Vertical-Farming-Restaurant Good Bank gegründet hat. Julia Köhn, deren Plattform Pielers ressourcenschonende Landwirtschaft vorantreibt. Josephine Bayer und Jana Lange, deren Tiefkühlbabybrei Nuri eine gesunde Alternative zu Alete & Co sein will, oder Eva Neugebauer und Jule Willing vom Online-Hofladen Frischepost wären da zu nennen. Haase beschäftigt sich mit all dem wohlgemerkt neben seinem Job in der Metzgerei Kumpel & Keule.

Seine genaue Berufsbezeichnung? „Zukunftsfoodist finde ich ganz schön.“ Definitiv auch Weltenzusammenbringer, an der Schnittstelle zwischen Food, Technologie und Politik. „Wenn Politiker überhaupt mal gut essen gehen, darf es ja keiner mitkriegen. Keiner von denen versteht, welche Macht das Thema Essen hat.“ CDU/CSU? Leben in einer alten Welt. Die Grünen? Denken bei digitaler Entwicklung nur an Datenklau. SPD? Übersieht das enorme soziale Potenzial der Gastronomie. FDP? Hat nur Gentechnik und Mehrwertsteuer im Sinn. Und die AfD redet in ihrem Parteiprogramm übers Schächten, was in Deutschland schon lang verboten ist. Lob gibt es eigentlich nur für Renate Künast, „wenn man die anschreibt, nimmt sie sich vier Stunden Zeit für eine Start-up-Tour“.

Die Schluck gibt es online und überall im Zeitschriftenhandel.

Die Schluck gibt es online und überall im Zeitschriftenhandel.

Essen hat Haase zufolge so viel Machtpotenzial, weil es so viele verschiedene Bereiche betrifft. Wirtschaft ebenso wie Technologie, den Arbeitsmarkt, die globale Erwärmung und ethische Fragen. Ganz abgesehen davon, dass jeder Wähler drei Mal am Tag essen muss. „Was glaubst du, wie viele Drohnen in Deutschland in der Landwirtschaft eingesetzt werden?“, fragt Haase. „Keine. In China sind es heute schon 42.000. Und wer beherrscht das Reservierungssystem? Open Table aus den USA. Die Digitalisierung wird unser aller Leben auf den Kopf stellen, und ich will, dass Deutschland dabei eine Rolle spielt. Vor allem will ich, dass wir die Zukunft unserer Ernährung nicht Riesenkonzernen wie Amazon überlassen, denn dann spielt Genuss keine Rolle mehr. Außerdem wird die kulinarische Schere dann immer weiter auseinandergehen: Billigstes, krankmachendes Essen für die Armen, echte, mit Herkunft und Liebe hergestellte Lebensmittel nur noch für eine kleine Minderheit.“

Für seine Mission würde er gerne bekannte Gastronomen vor den Karren spannen. Am Tag zuvor hat er Jamie Oliver getroffen, gegen den man sagen kann, was man will, aber er hat in England die Zuckersteuer durchgesetzt und sich für besseres Schulessen starkgemacht. „Und was machen unsere Köche? Schuhbeck Werbung für McDonald’s, Bühner für Knorr-Brühwürfel und Raue veranstaltet Dinner für Cola.“ (…)

Interview: Was die Datenindustrie mit unserer Ernährung zu tun hat

Mit dem Berliner Tip Magazin habe ich über meine Arbeit zur digitalen Ess-Gesellschaft gesprochen, warum Google und Amazon bald besser wissen, was wir zu ernten und sowieso zu säen haben und warum Biobauern Ernteroboter als ihre Verbündeten erkennen sollten.

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“Ein Schnitzel kann man nicht downloaden: Soweit ein Scherz mit wahrem Kern, der die neue Foodbegeisterung gerade in den kreativen urbanen Milieus auf den Punkt bringt. Essen ist real. Essen ist ehrlich. Dem mag so sein, entgegnet Hendrik Haase, Food-Aktivisit, Lebensmittelexperte und einer der Gründer der handwerklichen Metzgerei Kumpel & Keule in der Kreuzberger Markthalle Neun.  Und dennoch sollten gerade Anhänger einer nachhaltigen, naturnahen Lebensmittelwirtschaft die Chancen der Digitalisierung ernst nehmen. Ja, mehr noch, sie sollten sie ganz unbedingt ergreifen. „Bio für alle ist möglich“, so Haase, aber nur unter den Bedingungen einer hinreichend digitalisierten Landwirtschaft. Ein Gespräch über die Hühner des Silicon Valley, chinesische Agrardrohnen und den Food-Tech-Standort Berlin.”

Grüne GründerInnen Woche 2020: Warum Food-Startups mehr Unterstützung brauchen um abzuheben

Die gute Nachricht: Es gibt in Deutschland zahlreiche junge GründerInnen mit innovativen Ideen & Unternehmungen von Acker bis Teller. Sie arbeiten interdisziplinär an Lösungen, die unsere Lebensmittelwelt nachhaltiger, gesünder und transparenter machen können. Ihre Ideen könnten uns einen bewussteren Genuss und kleineren ökologischen Fußabdruck ermöglichen.

Die schlechte Nachricht ist: Viele dieser Unternehmungen und Ideen drohen ohne Unterstützung von Politik, Wirtschaft und Kapital schnell zu versanden. In Deutschland fehlt es nach wie vor an einem generellen Verständnis der Potentiale dieser Bewegung und konkretes politisches sowie wirtschaftliches Handeln.

Die SiegerInnen der Grüne Woche Startup-Days 2020 – Foto: Grüne Woche

Die SiegerInnen der Grüne Woche Startup-Days 2020 – Foto: Grüne Woche

Die Startup-Days auf der Grünen Woche waren vor 3 Jahren noch ein Testballon – ein Experiment. Heute sitzen in der Jury, neben mir die Großen der Handels- und Landwirtschaftswelt und hören sich gespannt die Präsentationen der UnternehmerInnen an, die im Wettbewerb antreten. Die Bewerbungen werden unterdessen immer zahlreicher und vor allem immer besser und innovativer.

Auf Messen und Veranstaltungen innerhalb der Lebensmittelwelt wird sich neuerdings gerne mit der neuen Gründer(Innen)szene geschmückt. “Start-ups? klar haben wir auch – irgendwo dahinten.” Es gibt Dialogbereitschaft von politischen VertreterInnen, dem Handel und den Großen der Branche. Wenn es allerdings um konkrete Unterstützung geht, sieht es oft genug mau aus.

Schlimmer sogar: sehr viele GründerInnen werden immer noch durch Nichtwahrnehmung oder Unverständnis gestraft, werden durch Auflagen frustriert und kommen nicht an entsprechende Kapitalmittel um richtig durchstarten zu können. Sie wollen allerdings mehr sein als der neue Schmuck am Revers der alten Lebensmittelwelt.

Wer sich die Leitungsgremien der Branche ansieht blickt vor allem in Gesichter von meist älteren, männlichen Führungspersönlichkeiten. Frauen oder VertreterInnen jüngerer Generationen sind dagegen fast nie zu finden. Ein Umstand der fatal ist, da genau diese KonsumentInnengruppen die Märkte prägen, und für Wandel und Innovationen sorgen. Wer sich in die neue GründerInnenszene begibt findet dagegen viele engagierte, zumeist junge Unternehmer und vor allem UnternehmerInnen. Den Kurs der Branche dürfen sie hierzulande politisch und unternehmerisch allerdings nicht mitbestimmen.

Im Gespräch mit dem Start-up Magazin von N-TV auf der Grünen Woche 2020

Im Gespräch mit dem Start-up Magazin von N-TV auf der Grünen Woche 2020

Während wir hierzulande schlafen bildet sich andernorts – zumeist in Übersee – bereits kraftvolle Szenen, die auch international immer mehr an Bedeutung gewinnen. Während in Deutschland 2019 die Gesamtinvestitionen in AgriFood-Startups bei ca. 27 Millionen Euro lagen, bekommen einzelne Startups aus diesem Bereich in den USA ein Vielfaches davon als Einzelinvestitionen zugesprochen. Memphis Meats, ein Startup, was sich der Zucht von Fleisch aus Zellkulturen verschrieben hat, konnte in der letzten Woche allein 160 Euro an Investitionen von Risikokapitalgebern einsammeln.

Die deutsche Lebensmittelbranche ist bereits jetzt abhängig von der digitalen Infrastruktur internationaler Konzerne. Eine Abhängigkeit, die sich ohne innovative Gegengewichte noch weiter ausdehnen wird. Deutschland droht in Zukunft nicht mehr ernstzunehmender Teil des Diskurses zu sein. Am Ende bleibt nur noch das Zuschauen (oder Lizenzen kaufen) – im Falle der junge GründerInnen bleibt dann nur noch das Auszuwandern. In Gesprächen erzählen mir einige heute schon von überraschenden Erfahrungen, wenn sie ihre Ideen im Ausland präsentieren. Talente und InnovatorInnen gehen so verloren und die Wertschöpfung entsteht an anderen Orten.

Aus meiner Sicht kann es nicht sein, dass eine grüne Partei die ökologischen Potentiale, eine schwarze Partei die wirtschaftlichen Potentiale und eine rote Partei die soziale Bedeutung dieser GründerInnenszene nicht erkennt.

Wir verpassen gerade die Chance einer europäischen Antwort auf die Fragen der Zukunft auf unseren Tellern. Eine Antwort, die von europäischem UnternehmerInnengeist und Werten geprägt sein könnte, die Innovationen, Lebensmittelproduktion und Technologie vereinen könnte – im Zeichen der Nachhaltigkeit, des Fortschritts und der Freiheit.

Event: World Web Forum Zürich 2020 – Unsere Beziehung zum Essen in Zeiten der Digitalisierung.

Die Lebensmittelbranche muss sich an neuen Bedürfnissen ausrichten und steht vor einem grossen Transformationsprozess. Zahlreiche Food-Start-ups und innovative Unternehmen stellen heute die Regeln des Marktes auf den Kopf und verbinden Lebensmittelproduktion mit Technologie.

Auf dem World Web Forum 2020 in Zürich am 16. & 17. Januar sprechen im Track «Food Chain» internationale Speaker*innen über den radikalen Wandel innerhalb unserer Lebensmittelwelt.

Ich freue mich sehr in einer großen Diskussionsrunde am Ende des Tracks mit hochkarätigen Gästen das Thema «Der Mensch und seine Beziehung zur Nahrung vor dem Hintergrund der digitalen Möglichkeiten» diskutieren zu dürfen.

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Video: Expedition Biofleisch mit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

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Auf den BIOexpeditionen erfahren Bloggerinnen und Blogger auf den Demonstrationsbetrieben Ökologischer Landbau wie der ökologische Landbau funktioniert – vom Acker bis zum Teller. Ich freue mich sehr seit mehreren Jahren als Moderator bei diesen Expeditionen auf Höfe in ganz Deutschland dabei zu sein.

Dieses Mal ging es zum Thema Biofleisch auf den Biolandhof Frohnenbruch. Familie Bird hält dort Rinder, Hühner und Bruderhähne nach Bioland-Richtlinien. In der Hofküche des Familienbetriebes zeigte BIOSpitzenkoch Rainer Hensen was mit Rinderzunge, Schweinebauch und Beinscheiben kulinarisch möglich ist. Die BIOexpeditionen und BIOSpitzenköche sind Initiativen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN).

Zwischenruf: Jamie Oliver’s Tipps für Food Entrepreneure & die Politik

Bei Jamies Berlin-Besuch im Rahmen der Veröffentlichung seines neuen Buches „Veggies“ habe ich den wohl bekanntesten Fernsehkoch der Welt getroffen und gefragt welchen Rat er für junge GründerInnen im Food-Bereich hat und was er denkt sich politisch ändern muss. Die Antworten seht ihr oben.

Das Buch lag schon 8 Jahre in der Schublade, sagt er, jetzt ist die Zeit reif. Fernsehsender und Medien auf der ganzen Welt würden inzwischen verstehen, das Gemüse ein massentaugliches Zukunftsthema ist.

Das Buch lag schon 8 Jahre in der Schublade, sagt er, jetzt ist die Zeit reif. Fernsehsender und Medien auf der ganzen Welt würden inzwischen verstehen, das Gemüse ein massentaugliches Zukunftsthema ist.

Ich bin immer wieder beeindruckt wie Jamie seine enorme Reichweite nutzt um politische Botschaften und Themen zu setzen. Sei es die Zucker-Debatte (Die Zuckersteuer auf überzuckerte Limonaden), Übergewicht (Sein nächstes Ziel ist es die Adipositasrate bei Kindern zu halbiern) oder besseres Schulessen. All das tut er mit Erfolg und großem Engagement.

Diese Konsequenz und diesen Einsatz wünsche ich mir manchmal auch von deutschen Fernsehköchen, die leider viel zu oft genau das Gegenteil davon tun nämlich Werbung für Schrottprodukte machen, statt ihren Mund für kulinarischer Themen zu öffnen.

Video-Interview: Zu Besuch auf dem Biolandhof Frohenbruch

Auf dem Biolandhof Frohenbruch am Niederrhein zeigt die Familie Bird, dass Bio-Landwirtschaft nichts mit Romantik sondern mit hochmodernem und vor allem sehr leckerem Klimaschutz zu tun hat. Am letzten Wochenende war ich zu Gast auf dem Hof um mehr über Bio-Tierhaltung und Landwirtschaft im Kreislauf zu erfahren.

Mit Klaus und Paul Bird habe ich am Abend über das Leben und Arbeiten als Familie auf einem Hof gesprochen. Nicht mit dabei waren Eva und Bärbel Bird, die als Metzgermeisterinnen den Hofladen rocken. Leider habe ich Eva nicht mehr vor die Kamera gekriegt weil am Ende die Zeit knapp wurde, durfte aber ihre tollen handgemachten Würste und Schinken probieren. Eva und Bärbel zeigen auf dem Hof ganz selbstverständlich, dass gutes Fleisch natürlich auch Frauensache ist.

Wenn ihr die innovative und kommunikationsfreudige Familie kennen lernen wollt folgt ihnen auf Twitter, Instagram, Facebook oder besucht sie vor Ort. Als Bio-Demonstrationsbetrieb haben sie immer eine offene Stalltür. ;)

Hühnchenkunde auf der Weide, dort leben die eierlegenden Hühner neben ihren Brüdern nach Bioland-Regeln in offenen Hühnermobilen. Das heißt kein Kükenschreddern und fantastische Eierqualität. – Foto: Maja Nett

Hühnchenkunde auf der Weide, dort leben die eierlegenden Hühner neben ihren Brüdern nach Bioland-Regeln in offenen Hühnermobilen. Das heißt kein Kükenschreddern und fantastische Eierqualität. – Foto: Maja Nett

Podcast: Im Gespräch mit Janina Felix vom Hospitality Inspiration Podcast

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Die supersympatische, unternehmenslustige und -interessierte Janina Felix habe ich in der Hotellobby des Hilton am Gendarmenmarkt getroffen. Mit ihrem Podcast will Janina “die Hotellerie und Gastro-Branche weiter nach vorne bringen”. Sie selbst ist Trainerin, Coach und spricht auf Bühnen über Motivation und erfolgreiches Teamwork.

Zusammen reden wir über meinen Werdegang, meine Motivation, unsere gemeinsame Heimat und über Dankbarkeit, Erfolg und die Zukunft der Gastronomie und der Hotellerie. Viel Spaß bei durchhören!

Gibt es eine „Neue deutsche Küche“? -Video & Standpunkt in der Effilee #51

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Vor einigen Wochen durfte ich das Symposium der Gemeinschaft in der Nähe von Berlin moderieren. „Die Gemeinschaft“ ist ein Berliner Netzwerk von handwerklichen LebensmittelproduzentInnen, GastronomInnen und KöchInnen.

Das Ziel der Gemeinschaft ist eine weitreichende Vernetzung, um die Zusammenarbeit zu fördern und das Fundament für eine neue deutsche Esskultur mit eigener Identität zu legen. Initiiert von den Berliner Restaurants Horváth und Nobelhart & Schmutzig basiert die Gemeinschaft auf der Nähe zwischen ProduzentInnen und KöchInnen. 

Auf Gut Kerkow wurde ein Tag lang diskutiert unteranderem auch darüber ob es eine NDK – eine neue deutsche Küche gibt.

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Ein paar Tage später wurde ich vom Effilee Magazin gefragt was die „Neue deutsche Küche“ ausmacht.

Im Aktuellen Winterheft findet sich meine Antwort neben den von kulinarischen Experten wie Ursula Heinzelmann, Tim Raue oder Thomas Vilgis.

Die “Neue deutsche Küche” ist ein Experimentierraum, der geprägt ist von mutigen VorreiterInnen, wagemutige GastronomInnen und kreativen ProduzentInnen.

Kennzeichnend ist neben der äußerst zeitgenössischen Experimentierfreude, die Vielfalt der Ansätze und ein neues Verhältnis von KöchInnen und ProduzentInnen über die üblichen Grenzen und Gourmet-Klischees hinweg.  

Interessant ist, dass sich neben der Avantgarde ein immer breiteres Feld an eher zugänglicheren, kulinarischen MitstreiterInnen herausbildet. #CasualGeilDining

Die Effilee #51 gibt es ab jetzt am Kiosk.

Die Effilee #51 gibt es ab jetzt am Kiosk.

Die Frage für die Zukunft ist, ob diese Entwicklungen in Deutschland auch außerhalb, also international, Beachtung finden und wie man dieses Interesse messbar bzw. bewertbar macht. Vielen ProtagonistInnen geht es heute weniger darum in den alten zum Teil ausgedienten Bewertungssystemen der Gastronomie mitzuspielen, als vielmehr darum einen eigenen Weg zu gehen. Vielleicht braucht es daher auch neue Kriterien abseits der alten Sterne, Punkte und Wasserlisten internationaler Großkonzerne um die neue deutsche Küche zu bewerten und ihre Erfolge messbar zu machen.

Das Momentum für eine „Neue deutsche Küche“ ist aus meiner Sicht vorhanden. Die Frage ist ob dieses genutzt wird und genug Unterstützung, nicht nur von Gästen sondern auch aus anderen Bereichen wie z.B. der Politik erfährt. In Deutschland neigt man ja auch in anderen Bereichen dazu so lange an der perfekten Lösung zu tüfteln bis andere mit schneller entwickelten Innovationen vorbei gezogen sind.

Die neue deutsche Küche mit ihren innovativen interdisziplinär-vertikalen Ansätzen vom Acker bis zum Teller hat eine gute Chance in der heutigen Welt. 

Lebensmittel Praxis Interview zu Nose-to-Tail Genuss & Fleischhandwerk

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Was der landwirtschaftliche Betrieb mit viel Sorgfalt erzeugt hat, sollte mit ebenso viel Sorgfalt verarbeitet werden. Das gebietet allein der Respekt vor dem Tier.”

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Für das aktuellen November-Ausgabe des Branchenmagazins Lebensmittel Praxis habe ich mit Jens Hertling über die Zukunft des Metzgerhandwerks und Kumpel & Keule gesprochen. Bereits in der August-Ausgabe erschien ein Artikel über die Ganztierverwertung und den Nose-To-Tail Trend.

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Laudatio: Allgäuer GenussMacher 2019

Als Teil der Allgäuer Genussmacher Jury durfte ich dieses Jahr die Laudatio auf die Preisträger in der Kategorie “Produkt” halten:

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Eine meiner ersten Erinnerungen an das Allgäu ist ein Massivholztisch auf einem Bauernhof, nur ein paar Kilometer von Kaufbeuren entfernt, in einem kleinen Dörfchen namens Aufkirch. Auf diesem standen Abends die Kässpatzen der Bäuerin Gerlinde – selbstgemachte Spätzle, die mit geriebenem hofeigenem Bergkäse und Röstzwiebeln vermischt, dampfend aus dem Ofen kamen und beim Verteilen auf die Teller kleine Fäden zogen.

Bild aus dem Kuhstall der Familie Hofer in Aufkirch

Bild aus dem Kuhstall der Familie Hofer in Aufkirch

Ich erinnere mich, wie wir gemeinsam nach der Arbeit im Kuhstall am Tisch saßen und ein simples und doch so wunderbares Mahl schlemmten. Mehl, Eier und Käse aus Milch von Bioland-Kühen, die ich gerade noch mit frischem Heu versorgt hatte.

In Berlin oder noch verrückter in New York oder Shanghai sind heute schon zahllose Lieferroller unterwegs und verstopfen die Straßen. Hintendrauf sind große Warmhaltebehälter gespannt. Alles um gestressten Großstädtern Essen zu bringen, die sie per App bestellt haben. In Pappkartons, Plastikschalen und Alufolie. Oft frage ich mich wer diese Mahlzeiten dann isst und vor allem wie. Am Tisch? Vor dem Fernseher? Mit der Gabel in der einen Hand und dem Smartphone in der anderen?

Esskultur und Genuss ist nicht nur das was wir essen sondern immer auch das wie!

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Die Welt aus der die Produkte der Preisträger, der Allgäuer Keramik kommen, ist eine andere.

Hier steht in jedem Bauernhaus noch eine große irdene Schüssel. Es gibt Behältnisse für kernige Hirsesuppe, geschabte Spatzen oder Gemüseallerlei. Man findet Tongefäße in der über Nacht Milch aufgestellt werden kann. Durch das Design des Gefäßes sammelt sich obenauf der Rahm und die schräge, breite Randkante ermöglichte den BesitzerInnen das Abschütten desselben in jede Richtung. Die konische Form ist nicht nur praktisch und schön, sondern lässt das Gefäß immer weitgehend voll erscheinen, weil man den Boden erst ganz zum Schluss sieht. Die Gestaltungen der Produkte zeugen von Kultur, Geschichte und Tradition aber auch von Armut, die lange Zeit prägend für die Voralpenregion war.

Die Allgäuer Keramik ist jedoch nicht das Produkt eines erimitischen Töpfers, sondern mittlerweile eines modernen Unternehmens, das das Feuer weiterträgt. 

Foto aus der Produktion der Allgäuer Keramik

Foto aus der Produktion der Allgäuer Keramik

Diese besondere Keramik aus dem Allgäu findet sich mittlerweile auf vielen Tischen vom Familienhaushalt bis zum Sterne-Restaurant. Bei der Herstellung kommen verschiedene Drehverfahren zum Einsatz, Gipsformen und hochwertiger Ton aus dem Westerwald, der die Produkte noch langlebiger macht. Auch ein Aspekt der Nachhaltigkeit.  

Es sagt viel darüber aus, ob ich mein Bier aus der Aluminiumdose im gehen auf der Straße trinke oder aus einem bestimmten geformten Glas an einem Tisch, das mir das Aroma erschmeckbar macht.

Die Allgäuer Keramik zeigt uns noch etwas anderes. Es geht um das Verhältnis am Tisch. In einer Zeit, in der immer mehr gesnackt wird, aus Plastikschüsseln und von Papptellern to go gegessen wird, steht die Allgäuer Keramik für entschleunigten Genuss am Tisch. In Gemeinschaft und in Tradition. 

In einer Zeit, in der wir vor allem die Oberflächen unserer digitalen Werkzeuge streicheln, sollten wir vielleicht wieder anfangen auch die Dinge haptisch zu erfahren, von denen wir essen. So kann uns die Allgäuer Keramik auch helfen die Hinwendung zum Produkt, zur Speise und damit zum Genuss möglich zu machen.  

Kühe auf der Weide bei der Manufaktur Hofer im Allgäu

Kühe auf der Weide bei der Manufaktur Hofer im Allgäu

Das Allgäu wird für mich immer mit Kässpatzen verbunden sein gegessen zusammen mit der Bauernfamilie. In Zeiten in denen unsere Gesellschaft sich scheinbar immer mehr spaltet, brauchen wir mehr Orte an denen wir uns zusammenfinden. Daher kann es nichts moderneres und zukunftträchtigeres geben als eine große Spatzenschüssel in der Mitte eines großen Tisches um die herum sich eine Gesellschaft findet die gemeinsam genießt. 

Im Anschluss an die Preisverleihung hatte ich noch die Chance ein Interview mit den Preisträgern und einem Nominierten zu machen.

Zwischenruf: Warum die Lebensmittelwirtschaft in Deutschland jünger, diverser und innovativer werden muss

© Symposium Feines Essen + Trinken

© Symposium Feines Essen + Trinken

„Wenn ich mich hier im Saal umsehe, da könnten noch viel mehr Frauen sein. Wissen Sie wo ich diese Frauen treffe? Bei den Meet-ups von jungen GründerInnen, die es nämlich satt haben, immer nur der Industrie ans Knie zu treten und zu sagen wir wollen andere Produkte, sondern die machen es jetzt einfach selber.“

Beim Symposium Feines Essen + Trinken in München, einem “maßgeblichen Think-Tank der Lebensmittelwirtschaft” habe ich mich mit dem obigen Zwischenruf zu Wort gemeldet. Auf dem Podium vor mir saßen Renate Künast, Harald Wohlfahrt, Johann Lafer und Björn Freitag sowie dem Food-Journalist Stevan Paul. Die Diskussion drehte sich rund um den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln und die Zukunft der Lebensmittelwirtschaft.

Viel zu oft treffe ich bei Veranstaltungen wie diesen auf (vornehmlich männliche) Vertreter aus Politik und der Lebensmittelwirtschaft, die bei “Förderung des Nachwuchses” vor allem an die kulinarische Bildung von Schulkindern denken. Das ist ehrenwert und wichtige, verkennt aus meiner Sicht allerdings die Realität, in der sich gerade eine neue GründerInnen-Szene im Food-Bereich herausbildet, die immer mehr zeigt welches Innovationspotential in ihr steckt. Sie ist weit aus bunter und diverser, als ich es sonst von der Food-Branche kenne und sie gewinnt nicht nur international sondern auch hierzulande zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung.

Was in Deutschland allerdings fehlt ist ein klareres Bild der “New Food Economy” und eine politische Rahmensetzung, die die GründerInnenszene in Deutschland unterstützt und zu durchschlagenderen Erfolgen verhilft.

German Agri Food Society - Eine neue Lobby für Food-Start-ups

Ich bin daher froh, dass sich vor ein paar Wochen die German Agri-Food Society in Osnabrück gegründet hat Mit dieser “Deutsche Gesellschaft für innovative und zukunftsorientierte Land- und Ernährungswirtschaft” wollen junge Engagierte die hierzulande entstandene Szene besser vernetzen, eine nachhaltige Landwirtschaft vorantreiben sowie technische Hürden und internationale Wettbewerbsnachteile für hiesige InnovatorInnen abbauen. Hinter dem Verein stehen rund 20 Firmen sowie Förderer aus Wissenschaft und Wirtschaft. Vorstandssprecher der neuen Organisation sind Dr. Julia Köhn und Dominik Ewald. Beides erfahrene GründerInnen und Vorkämpfer, wenn es um ein besseres Verständnis der New Food Economy geht. Ich freue mich den Verein als Beirat unterstützen zu dürfen und hoffe auf eine buntere, innovativere und nachhaltigere Zukunft, wenn es um unsere Lebensmittel geht.

Podcast: BR 5 - Wieso gibt‘s immer wieder Lebensmittelskandale?

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Für den Podcast „1 Thema, 3 Köpfe“ habe ich mich mit Christian Orth über Lebensmittelskandale unterhalten. Für mich sind die wiederkehrenden Lebensmittelskandale wie Schluckauf: Wir verschlucken uns an der Realität hinter unseren Lebensmitteln und merken dabei wie weit wir uns inzwischen vom Ursprung entfernt haben. Wir merken wie wenig Kontrolle wir heute in vielen Fällen über die Dinge haben, die uns ernähren.

Die besten Gegenmittel sind wie immer: selber mit frischen Zutaten kochen, die Menschen hinter den Produkten kennen lernen und den Mund aufmachen – und das nicht nur beim Essen!

Den Podcast findet ihr hier beim Bayrischen Rundfunk. Viel Spaß beim anhören!

Essen ist politisch! Ein Gespräch mit Sternekoch a.D. & Landwirt Franz Keller

Bei der Preisverleihung des Meckatzer Löwen im Allgäu habe ich zufällig den ehemaligen Sternekoch und Bestseller-Autor Franz Keller getroffen.

Franz hat in seiner Karriere als Koch bei den besten der französischen Küche wie Paul Bocuse in Lyon
und Michel Guérard in Paris gelernt.

Er hat schon für Königinnen und Präsidenten gekocht und die deutsche Spitzen-Gastronomie zusammen mit Eckard Witzigmann jahrelang geprägt.

Franz ist jemand der auch mal auf den Tisch haut und sagt was nicht geht. Aus Frust über “Industriefrass” wurde er Bauer. Heute betreibt er einen Bauernhof, der hochwertiges Fleisch an das eigene Restaurant “Die Adler Wirtschaft” liefert, was mittlerweile sein Sohn betreibt.

Aufsehen erregt hat er letztes Jahr mit der Veröffentlichung seines autobiografischen Buches „Vom Einfachen das Beste – Essen ist Politik oder Warum ich Bauer werden musste, um den perfekten Genuss zu finden“.

Interview: Deutschlandfunk Kultur zu Wurstskandalen, Food-Startups und Esskultur

Echte Nordhessische Ahle Wurscht vom Handwerksmetzger aus Kassel

Echte Nordhessische Ahle Wurscht vom Handwerksmetzger aus Kassel

Heute morgen war ich zu Gast im Studio 9 des Deutschlandfunks Kultur.

Trauriger Anlass war der Skandal rund um die nordhessische Wurstfabrik Wilke, der mittlerweile über 1.000 Produkte betrifft.

Zusammen mit Dieter Kassel rede ich über das Metzgerhandwerk, die Nordhessische Ahlewurscht und eine neue GründerInnenszene, die mit Food-Startups die Lebensmittelwirtschaft aufmischt.

Ergänzung:

Die peinliche Webseite aus den 90ern, die ich im Interview erwähne, heißt Lebensmittelwarnung.de und nicht Lebensmittelklarheit.de . Interessant ist allerdings auch, dass sich auf Lebensmittelklarheit überhaupt keine Informationen rund um den Skandal der Firma Wilke finden lassen.

Reportage: Zu Besuch bei Pionieren der Food-Startup Szene in New York

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In der Herbst-Ausgabe des kulinarischen Kulturmagazins Effilee #50 findet sich eine Reportage von Jörn Kabisch und mir über die Food-Start Up Szene in Brooklyn.

Neben Fotos aus der Industry City, den WeWork Foodlabs findet sich im Magazin auch die Antwort auf die Frage was das deutsche Metzgerhandwerk von Salami-Autodidakten und der carnivoren Willkommenskultur New Yorks lernen kann.

Warum wir weit über den Tellerrand hinaus denken müssen – Video vom qualityaustria Lebensmittelforum Wien

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Um zu neuen Lösungen für eine genießbare Zukunft zu kommen müssen wir weit über den Tellerrand hinaus denken und nicht nur bis zum nächsten Aufkleber auf der immer gleichen Plastikverpackung im Supermarkt.

Auf dem 11. qualityaustria Lebensmittelforum in Wien habe ich neben der Foodtrendforscherin Hanni Rützler über die neue GründerInnen in der Lebensmittelwirtschaft gesprochen und über Orte, an denen über die Zukunft auf unseren Tellern nachgedacht wird.

Interview: news.at – Warum die Beziehung zum Metzger genauso wichtig sein sollte wie zum Arzt oder Anwalt.

© photonews.at/Georges Schneider für qualityaustria

© photonews.at/Georges Schneider für qualityaustria

Eigentlich müsste man meinen, wir wissen alles über Essen. Zucker ist böse. Lebensmittel sollen regional, saisonal und am besten Bio sein. Was ist noch nicht im allgemeinen Bewusstsein angekommen? 
Die Verbindung zum Ursprung fehlt. Die wenigsten wissen, wo die Lebensmittel genau herkommen, die sie konsumieren. Wir sind sehr weit weg von einem natürlichen Zugang zu den Mittel, die uns am Leben erhalten. 

»Uns fehlt die Verbindung zum Ursprung «

Wie lange gibt es diese Entzweiung von "Ursprung und Tisch" schon? 
Sie hat in den letzten Jahrzehnten stattgefunden. Für die ältere Generation mag das verwunderlich klingen, sie hat noch Erinnerungen an den Hof, wo die Hühner frei herumgelaufen sind oder an den Onkel der Schinken gemacht hat. Die junge Generation kennt das gar nicht mehr. Sie lebt in einer Welt, in der sie sehr weit weg sind von den Ursprüngen.

Gibt es noch etwas was uns heutzutage fehlt? 
Das Gesamtverständnis fehlt den meisten. Es geht nicht nur darum zu wissen, wie viele Kohlenhydrate und Zucker ich essen darf, um gesund zu leben. Sondern vor allen um das Wissen, dass die Nahrungsmittel irgendwo herkommen und erzeugt werden müssen. Die Dimensionen, die dahinterstecken werden uns aber langsam bewusst.

Wie sollte man mit dem neuen Bewusstsein am besten umgehen? 
Auf keinen Fall in Panik verfallen und nur das Schlechte sehen. Statt irgendwelchen Gurus nachzulaufen, sollte man das Thema Essen mit Faszination und Gelassenheit annehmen. Schließlich geht es um Genuss. 

Die Millennials, also die zwischen 1982 und 2002 Geborenen, interessiert sich mehr fürs Kochen, für Zutaten und Essen gehen als alle Generationen vor ihnen. Warum? 
Das hat verschiedene Gründe. Ich versuche es Anhand eines Beispiel zu erklären. Ein Brot zu backen mit Mehl, Salz und Wasser hat etwas sehr authentisches. Es ist auch haptisch, was ein krasser Gegensatz zur ganzen digitalen Welt ist. Solche "echten" Erlebnisse sind sehr selten geworden in unserer technologisierten Welt. Über das Essen kann man noch eine gewisse Selbstbestimmung ausüben. Es ist eben mehr als nur Nahrungsaufnahme. Im Essen stecken auch Themen wie Klimawandel, Politik, Identität, Heimat und Gesundheit. Einfach alles was uns bewegt. 

»Es gibt ganz wenige intime Beziehungen zur Umwelt. Das sind eigentlich nur Sex und Essen.«

Das gesteigerte Interesse am Essen ist also positiv? 
Ja, total. Auch wenn es manche Menschen - gerade in älteren Generationen - vielleicht aufregt, dass so viel über das Essen gesprochen wird. Aber was gibt es schon wichtigeres als Essen? Es gibt ganz wenige so intime Beziehungen zur Umwelt. Das sind eigentlich nur Sex und Essen. Wann tue ich sonst etwas in meinen Körper? Und am Ende wird das was ich in mich reinstecke eine Zelle von mir. Ich finde es ist wert, sich damit zu beschäftigen.

Wie stehen sie zu Superfoods und anderen Ernährungstrends? 
Ich finde man sollte nicht jedem Trend hinterher rennen. Mir geht es eher darum sich die Grundmotivation anzusehen. Warum entsteht überhaupt ein Trend? Zum Beispiel beim Craft Beer. Junge Leute fangen plötzlich wieder an zu brauen. Hier ist eigentlich nicht das Craft Beer an sich der riesen Trend. Sondern das Phänomen, dass Leute anfangen in der Garage ein Bier zu brauen, das sich deutlich von den Produkten der Brauindustrie abhebt. Plötzlich gibt es wieder eine Vielfalt. Die Industrie hat den Kunden vergessen und wenig Innovationen geleistet. Dann ist es eigentlich toll, dass plötzlich eine kleine Revolution stattfindet.

© photonews.at/Georges Schneider

© photonews.at/Georges Schneider

Auf was sollte man beim Fleischkauf achten? 
Das ist ganz einfach: Mach den Metzger zu Deinem Freund. Die Beziehung zu ihm ist genauso wichtig wie die ein guter Arzt, Rechtsanwalt oder Friseur. Der Diskurs ist wichtig. Jeder sollte immer bei seinem Metzger nachfragen, wo genau das Fleisch herkommt. Einfach Interesse zeigen, offen sein und nachfragen.

Die Tricks bei Kennzeichnungspflichten der Lebensmittelindustrie sind schier unendlich. Wie können Verbraucher sich schützen? 
Es gibt leider kein Patentrezept. Die beste Prävention ist möglichst wenige Produkte zu kaufen, auf denen ein Barcode drauf klebt. Sowie Produkte, die nicht verpackt sind und noch nicht komplett fertig verarbeitet sind. Bei einer Zucchini oder einer Kartoffel kann auch die Lebensmittelindustrie schwierig mit Zusatzstoffen spielen.

Welche Maßnahmen seitens der Politik wären wirksam? 
Meine Erfahrung ist, dass wir alle relativ Siegelmüde geworden sind. Gerade Politiker und NGOs setzen auf Qualitätssiegel. Wenn aber fünf Aufkleber auf einem Produkt sind, kann kein Verbraucher mehr etwas damit anfangen. In Zukunft müssen wir in anderen Dimensionen denken - und genau das fordere ich von der Politik. Wir brauchen ein neues Verständnis von Innovation im Bereich des Lebensmittelhandels.

Kann Essen die Welt retten? 
Ja, wird es. Schon allein weil Essen der größte Treiber des Klimawandels ist. Aber wir können das mit jeder Mahlzeit selbst beeinflussen! Wir sollten uns aber gleichzeitig kein schlechten Gewissen machen lassen. Beim Essen sollte es primär um Genuss gehen, nicht darum CO2 zu sparen.

Interview: 70 Jahre Currywurst – Die Presse am Sonntag

Mit der österreichischen Tageszeitung “Die Presse” habe ich über die Entstehung, Bedeutung und Zukunft der Currywurst gesprochen:

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„Die Currywurst ist eine Erfindung der Nachkriegszeit, wahrscheinlich aus Hamburg oder Berlin. Und sie wurde vermutlich im Rotlichtmilieu entwickelt“, sagt dazu Hendrik Haase, Kommunikationsdesigner und Wurstaktivist, der sich intensiv mit der Kulturgeschichte der Wurst auseinandergesetzt hat. Er vermutet, dass sie zwar in Hamburg erfunden, aber erst in Berlin berühmt geworden ist. Entscheidend war dabei der „Touch Exotik“, der durch die Sauce mit Currypulver dazu kam. Haase vergleicht das mit dem Toast Hawaii. Und: Die Currywurst ist aufgrund der Zubereitung, der Sauce und den Beilagen (Pommes Frites oder Brötchen) auch eher ein Gericht als etwa eine Bockwurst mit Senf.

Diese Kombination aus Bodenständigkeit, dem Arbeiter-Essen- Image, der Tatsache, dass sie ein (einfaches) Gericht ist und dem bisschen Exotik, macht wohl ihre ungebrochene Beliebtheit aus. Denn im Unterschied zum Toast Hawaii hat sie sich nicht nur gehalten, sie ist zum Dauerbrenner geworden. „Die Currywurst ist eigentlich eines der ersten Streetfoods“, meint Haase. Wobei ihre Exotik heute angesichts der kulinarischen Vielfalt in Berlin natürlich anders wirkt.

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Auch wenn die Currywurst ein Klassiker ist, kommt sie dieser Tage ein bisschen in Erklärungsnot – zumindest bei jenen, die es genau wissen wollen. „Die Currywurst trägt durch ihre Einfachheit auch Anonymität mit sich. Man weiß nicht so genau, was in der Wurst drinnen ist. Sie soll ja auch ein leicht dreckiges Image haben. Aber die Frage ist, ob das heute noch passt“, meint Haase.

So gibt es sie mittlerweile auch in Bioqualität, mit Herkunftsnachweis, aus Lammfleisch oder gar in der vegetarischen Variante – was dann allerdings kaum etwas mit dem Original zu tun hat. Der Wurstexperte kann sich durchaus vorstellen, dass die Currywurst zunehmend ein Problem bekommt.

„Das Fleisch verkommt oft zur Kaumasse, die durch die Sauce überdeckt wird.“ Das passt nicht ganz zum Wunsch nach qualitativ hochwertigem Fleisch mit Herkunftsnachweis. Allerdings kann auch das Gegenteil der Fall sein. Dass nämlich die Currywurst zum Symbol der „guten, alten Zeit“ und des Protestes wird – besonders in Zeiten, in denen Fleischpreise und das Recht aufs Schnitzel diskutiert werden.

…noch mehr Currywurst

…gibts auf dem YouTube-Kanal des German National Tourist Board mit dem ich ein Special zur Currywurst gedreht habe. Das Video im Split-Screen-Modus funktioniert am Besten auf dem Smartphone…