Tech, Werte, Genuss – Wer gestaltet die Zukunft des Essens? – Erkenntnisse vom Symposium Essen + Trinken

Vergangene Woche stand ich als Referent auf der Bühne der Kick-off Veranstaltung des Symposiums Essen und Trinken in München. Es war eine Veranstaltung, die nicht nur spannende Perspektiven auf die Zukunft der Lebensmittelbranche bot, sondern auch zentrale Herausforderungen für die Branche deutlich machte. Welche Themen haben mich besonders bewegt? Hier sind meine wichtigsten Learnings:

Tech-Transformation ist keine Option, sondern eine Überlebensfrage

Die Digitalisierung ist keine Zusatzfunktion mehr, die man nebenbei mitlaufen lässt. Sie ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Lebensmittelbranche zukunftsfähig bleibt. Das wurde besonders in der Eröffnungs-Keynote von Prof. Dr. Stefan Kooths (IfW Kiel) deutlich. Seine wirtschaftliche Analyse zeigte: Die Lebensmittelbranche hält sich im Vergleich zu anderen Industriezweigen zwar stabil, aber ihr fehlt der Schwung. Ohne gezielte Innovation und deutlich gesteigerte Produktivität wird die Branche im internationalen Wettbewerb zurückfallen.

Ein weiteres zentrales Thema war der Umgang mit Daten als ungenutzte Ressource. Ich habe in meinem Impulsvortrag betont: Daten werden zu einer wichtigen Zutat, die nutzbar gemacht werden will. Technologie ist das entscheidende Werkzeug, das Unternehmen und Produzenten dabei unterstützt, sich an die tiefgreifenden Veränderungen und neuen Anforderungen der Branche anzupassen. Doch dafür braucht es nicht nur digitale Infrastruktur, sondern auch die richtige Denkweise – Ein neues Kulturverständnis und Bildung die mit der digitalen Transformation Schritt hält.

Werte sind der neue Wettbewerbsvorteil

Theresa Schleicher brachte in ihrem Vortrag eine starke Botschaft mit: Die Zukunft gehört nicht nur dem Preis, sondern der Begehrlichkeit. Konsument:innen erwarten mehr als Rabatte und Sonderangebote. Sie suchen Produkte, die überzeugende Geschichten erzählen, Nachhaltigkeit verkörpern und qualitativ hochwertig sind. Dabei zeigte sich, dass Deutschland international weiterhin für Sicherheit und Qualität steht – eine Marke, die gestärkt und weiterentwickelt werden muss.

Das bedeutet: Unternehmen brauchen ein stabiles Wertesystem, das sie nicht durch kurzfristige Markttrends oder politische Populismen ins Wanken bringen lassen. Der Trend geht weg von "billig & Masse" hin zu sogenannten "Sinnmärkten", in denen Produkte für ihre gesellschaftliche, gesundheitliche und ökologische Relevanz wertgeschätzt werden.

Essen muss die Gesellschaft widerspiegeln

Ein weiteres starkes Learning: Unsere Gesellschaft verändert sich und mit ihr auch die Anforderungen an unsere Ernährung. Wir werden als Gesellschaft nicht nur älter und gesundheitsbewusster, sondern auch vielfältiger und diverser. Die Lebensmittelbranche kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Vielfalt ist nicht nur ein soziales oder kulturelles Thema, sondern auch ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wer nur auf Einheitslösungen und Massenmärkte setzt, wird die Konsument:innen von morgen nicht mehr erreichen.

Hier liegt eine große Chance: Unternehmen, die sich bewusst mit vielfältigen Ernährungsformen und Geschmacksprofilen auseinandersetzen, werden langfristig erfolgreicher sein. Die Marktentwicklung zeigt klar: Standardisierte Angebote verlieren an Relevanz. Personalisierung, Individualität und authentische Produktgeschichten gewinnen.

Innovation ohne Technologie? Illusion.

Ein Punkt, der mich besonders nachdenklich gemacht hat, ist die Innovationsfähigkeit der deutschen Lebensmittelbranche. Trotz hoher Kompetenz und wertvoller Markenzugpferde fehlen oft der Mut und die Strategien, um neue Technologien proaktiv zu nutzen. Dabei ist klar: Ohne Technologie wird es keine echte Innovationskultur geben.

Die Vorstellung der Studie "Bridging Barriers to Innovation" von Prof. Dr. Carsten Leo Demming (DHBW Heilbronn) und Jochen Matzer (Food Harbour Hamburg) zeigte, dass regulatorische Hürden und Ressourcenknappheit Innovationen oft ausbremsen. Gleichzeitig betonten sie, dass der Einbezug der Konsument:innen essenziell ist – und dass Innovationsverzicht ein erhebliches Risiko darstellt.

Smarte Stores, digitale Lieferketten, automatisierte Restaurants und KI-gestützte Ernährungsberatung sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern in anderen Märkten längst Realität. Doch deutsche Unternehmen haben oft Schwierigkeiten, diese Technologien produktiv zu nutzen. Wer nicht investiert, verliert langfristig an Wettbewerbsfähigkeit.

Mein Fazit: Die Zukunft der Lebensmittelbranche entscheidt sich jetzt.

Die Ernährungswirtschaft steht an einem entscheidenden Punkt. Die digitale Transformation, die Innovationskraft, gesellschaftliche Entwicklungen und nicht zuletzt interne wie externe politische Krisen machen ein Umdenken unumgänglich. Tech ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Werte, Vielfalt und Vertrauen in eine nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft zu übersetzen.

Das Symposium hat deutlich gemacht: Es braucht Mut, eine klare Strategie und eine Innovationskultur, die nicht nur auf Effizienz setzt, sondern auch auf Sinnhaftigkeit und Verantwortung.

Stillstand und Abgesang sind keine Optionen – Jetzt braucht es entschlossenes Handeln, um die Zukunft der Lebensmittelbranche nachhaltig, innovativ, genussvoll und zukunftssicher zu gestalten!

Fotos: Uli Schneider Fotografie von Engels

Genuss trifft Technologie: Zu Gast im Hessischen Rundfunk bei hr1 Dolce Vita

Am Wochenende hatte ich das Vergnügen, bei hr1 "Dolce Vita" mit Moderatorin Marion Kuchenny darüber zu sprechen wie Künstliche Intelligenz unsere Küche und unsere Esskultur verändert.

Die Digitalisierung hat längst auch unsere Töpfe und Pfannen erreicht. Doch während KI-basierte Tools heute bereits Einkaufslists, Rezeptvorschläge und sogar Weinempfehlungen generieren können, stellt sich die Frage: Brauchen wir das wirklich – oder geht dabei unser Bauchgefühl verloren?

🤔 KI in der Küche – Fluch oder Segen?

KI kann Kochen für viele Menschen erleichtern: Sie analysiert Nährwerte, passt Rezepte an Allergien oder Vorlieben an und gibt präzise Anleitungen. Gerade für weniger erfahrene Köchinnen und Köche kann das eine echte Erleichterung sein. Aber bedeutet das auch, dass wir das intuitive Kochen verlernen? Wenn Algorithmen darüber entscheiden, welche Gerichte für uns "ideal" sind – bleibt dann noch Raum für Spontanität, für den Zufall, für das, was Essen ausmacht: Emotion und Geschmackserinnerung?

🔥 Ein Experiment mit DeepSeek AI

Um herauszufinden, wie gut eine KI auf individuelle Esskulturen eingehen kann, habe ich ein vorab ein kleines Experiment gemacht. Ich habe die KI von DeepSeek beauftragt, Rezepte für eine fiktive nordhessische Seniorin zu erstellen, die gesund, nachhaltig, regional und saisonal essen möchte.

Das Ergebnis? Die KI hat tatsächlich erkannt, dass in Nordhessen natürlich Ahle-Wurscht auf den Tisch gehört! 😄 Ebenso schlug sie eine Bärlauch-Kartoffelsuppe mit Räucherforelle aus dem Edersee vor. Ich war erstaunt, dass eine KI, die in China entwickelt wurde, so genau regionale Spezialitäten zuordnen konnte. Sie ging sogar einen Schritt weiter und schlug Hofläden in der Umgebung vor – ein Aspekt, den bisher kein Kochbuch leisten kann.

🧡 Meine Oma und die kulinarische Prägung

Meine Oma hat meine kulinarische Prägung maßgeblich beeinflusst – mit ihrer bodenständigen Küche, die tief in der Region verwurzelt war. Von ihr habe ich gelernt, dass Essen nicht nur satt macht, sondern Geschichten erzählt, Erinnerungen weckt und Identität stiftet.

Ich erinnere mich an rote Johannisbeeren, frisch aus dem Garten, die in Milch schwammen. An die Ahle-Wurscht, die in der Speisekammer hing und uns auf langen Autofahrten an die Nordseeküste begleitete. Und an ihr handgeschriebenes Kochbuch aus ihrer Hauswirtschaftslehre – mit Anleitungen wie „dem Teig so viel Mehl geben, wie er annimmt“. Diese Form des Kochens ist intuitiv, mit Erfahrung und Liebe zum Produkt gewachsen – genau das, was eine KI (noch) nicht erfassen kann.

🍽️ Die Esskultur im Wandel

Ein spannender Punkt unserer Diskussion war auch die Frage, ob KI unser Essen nur vereinfacht oder ob sie auch unsere Esskultur langfristig verändert. Wir erleben eine Zeit, in der Algorithmen nicht nur bestimmen, was auf den Tisch kommt, sondern auch, welche Gerichte in Social Media Trends setzen.

Essen ist aber mehr als reine Nahrungsaufnahme – es ist Erinnerung, Identität, Gemeinschaft. Und genau hier liegt die Herausforderung: Wie können wir Technologie sinnvoll nutzen, ohne das zu verlieren, was unser Essen ausmacht?

Ich sehe KI als wertvolle Inspirationsquelle und Helfer, aber nicht als Ersatz für die Erfahrung, die wir in der Küche machen. Sie kann Rezeptideen liefern, Zutaten kalkulieren und durch Bilder und Videos neue Techniken vermitteln. Doch den echten Geschmack, die Haptik eines Teigs oder die richtige Kartoffelsorte für einen perfekten Salat – das bleibt eine menschliche Fähigkeit.

Die Rezepte und Infos zur Sendung findet Ihr hier:

➡️ Genuss trifft Technologie – die besten Koch-Apps und KI-Tools für die Küche auf HR1

Podcast: No Meat – No Future 🥩🎧 Im Gespräch mit Vincent Fricke

In der aktuellen Folge des 6-teiligen Podcasts No Meat No Future war ich zu Gast bei Vincent Fricke. Vincent ist nicht nur Gastgeber dieses spannenden Podcasts, sondern auch Initiator des gleichnamigen Pop-Up-Dinner-Events im CafédotKom in München. Sein Fokus liegt auf der Verbindung zwischen regenerativer und nachhaltiger Landwirtschaft und der kulinarischen Welt – insbesondere im Kontext unseres Fleischkonsums.

Wir haben über die Zukunft der Landwirtschaft gesprochen: Wohin entwickelt sie sich? Welche Rolle spielt Digitalisierung dabei? Und ist es überhaupt eine Option, sich der Digitalisierung in der Landwirtschaft zu entziehen? Diese Fragen haben wir intensiv diskutiert und einige überraschende Perspektiven herausgearbeitet.

Wenn ich in einem Podcast zu Gast bin, kommt man natürlich nicht an Esskultur vorbei. Ein besonderes Augenmerk haben wir daher auf den Einfluss „algorithmisch getriebener Kommunikationsplattformen“ – vormals bekannt als Social Media – gelegt. Wer bestimmt eigentlich den Diskurs über unsere Esskultur? Wo findet die Entwicklung von Esskultur heute statt? Und wie bewusst setzen wir uns mit diesen Fragen auseinander? Das sind Themen, die nicht nur für Menschen aus der Lebensmittelbranche von Bedeutung sind, sondern für uns alle.

Der Podcast #NoMeatNoFuture ist Teil eines größeren Projekts, das mit einem Pop-Up-Dinner-Event in München seinen Höhepunkt findet. In den letzten Wochen hat Vincent viele Gespräche mit Produzenten geführt, die über die reine Wertschöpfung hinausdenken und Landwirtschaft als etwas Größeres begreifen. Entstanden ist eine spannende Podcast-Reihe, die sich intensiv mit regenerativer Landwirtschaft und den Menschen dahinter beschäftigt.

In den bisherigen Folgen waren bereits hochkarätige Gäste zu hören:

Jede Folge trägt dazu bei, die regenerative Landwirtschaft aus dem Abstrakten herauszuholen und verständlich zu machen.

Hört rein in die neueste Episode von Hashtag#NoMeatNoFuture und begleitet uns auf dieser Reise durch die Landwirtschaft von morgen!

“Digital überholt? Wie Bio den Anschluss findet” 🌱📲 Artikel im bioland-Magazin

Die digitale Welt verändert auch die Lebensmittelbranche. Ob Bio und Regionalität in der Zukunft eine Rolle spielen, wird sich vor allem im digitalen Raum entscheiden. Künstliche kulinarische Intelligenz schafft neue Chancen und Herausforderungen für die Bio-Branche.

Die Art, wie Menschen heute über Essen sprechen, denken und es konsumieren, wird zunehmend von digitalen Entwicklungen beeinflusst. Unsere Esskultur steht immer stärker unter dem Einfluss „sozialer“ Medien und Algorithmen, die mit unseren Vorlieben und Verhaltensweisen mitlernen. Plattformen wie Instagram und TikTok sind dabei nicht nur Inspirationsquellen, sondern zentrale Schauplätze für Food-Trends. Hashtags wie #OrganicFood oder #Farm- ToTable erreichen Millionen von Beiträgen – doch gegen die 500 Milliarden Aufrufe von Videos allein mit dem Hashtag #Food auf TikTok wirken diese Zahlen fast bescheiden. Hier entscheiden keine Spitzenköche oder Ernährungsexpertinnen mehr, was Trend wird, sondern Influencer und Algorithmen. Doch die digitale Essenswelt geht weit über Inspiration hinaus: KI-gestützte Tools wie die des Startups TasteWise analysieren automatisiert Inhalte rund ums Essen aus riesigen Datenmengen von Instagram, Facebook und anderen Plattformen, um live Foodtrends zu identifizieren und Gastronomen bei der Speisekartengestaltung zu helfen. Smarte Landtechnik mit automatisierter KI-Bilderkennung analysiert weltweit Äcker, erkennt blitzschnell Nutzpflanzen und Beikraut und eliminiert den Einsatz von Spritzmitteln durch punktgenaue mechanische Bearbeitung. Die gleiche Technologie ersetzt Kassierer:innen in Kantinen durch automatisierte Erkennung der Speisen auf Tabletts bei der Essensausgabe. Bio-Betriebe und Kantinen können diese Technologien nutzen, um nicht nur effizienter und ressourcenschonender zu arbeiten, sondern auch ihre Prozesse nachhaltiger zu gestalten und neue Standards für Transparenz zu setzen.

Der Text erscheint im bioland-Fachmagazin im Februar 2025

Die Zukunft der Kantine

Die Kantine der Zukunft setzt auf moderne Technologien wie kompakte Sensorik und mitlernende Algorithmen. Intelligente Systeme wie elektronische Nasen analysieren in Echtzeit die Gaszusammensetzung in Lägern, um Reife- oder Verderbsignale bei Lebensmitteln frühzeitig zu erkennen. So können Produkte rechtzeitig verarbeitet werden, bevor sie verderben. Big-Data- Technologien kombinieren diese Informationen mit externen Daten wie Wetterprognosen oder Veranstaltungsplänen, um präzise Bedarfsprognosen zu erstellen. Dies schont Ressourcen und stellt die Verfügbarkeit frischer Produkte sicher. Ein Beispiel ist die Software Delicious Data, die Konsumgewohnheiten sowie saisonale und wetterabhängige Schwankungen analysiert. Mit diesen Erkenntnissen passt sie Menüs bedarfsgerecht an, reduziert Lebensmittelverschwendung und optimiert gleichzeitig die Kundenzufriedenheit. Solche Technologien machen Kantinen effizienter und transparenter – ein Vorteil, der besonders für die Bio-Branche entscheidend ist. Darüber hinaus schaffen automatisierte Prozesse Freiraum für das Wesentliche: Genuss und Gemeinschaft. KI und Automatisierung entlasten das Küchenteam, sodass es sich auf kreative Aufgaben wie die Entwicklung neuer Rezepte, Qualitätskontrolle oder den Austausch mit Gästen konzentrieren kann. Kantinen werden so zu Orten der Begegnung, an denen das Erlebnis und der persönliche Austausch genauso wichtig sind wie die Qualität des Essens.

Bio in digitaler Essenswelt

Die digitale Transformation ist für die Bio- Branche Chance und Herausforderung zugleich. Startups wie Crowdfarming zeigen, wie echte Transparenz neue Verbindungen zwischen Konsument:innen und Landwirten sowie Landwirtinnen schaffen kann. Verbraucher:innen können über die App nicht nur Produkte direkt vom Hof beziehen oder Produkt-Patenschaften übernehmen, sondern erfahren gleichzeitig alles über deren Herkunft – von Anbau über Verarbeitung bis zum Transport. Diese Transparenz geht über die bisherigen Standards hinaus und setzt neue Maßstäbe. Die digitale Welt fordert Bio jedoch auch heraus. Verbraucher:innen erwarten schnelle Antworten auf Fragen wie: „Wie hoch ist der CO2-Fußabdruck genau?“ oder: „Wo kommt mein Essen her?“. Die persönliche Assistenz, zu der viele KI-Anwendungen inzwischen werden, liefern diese Antworten in Echtzeit. Die Bio-Branche muss diesen digitalen Kulturwandel verstehen und für sich nutzen lernen, um ihre Produkte präzise und nachvollziehbar zu positionieren. Nur so bleibt Bio für eine zunehmend digital geprägte Kundschaft relevant. So viele Chancen wie die digitale Transformation bietet, birgt sie auch Risiken. Algorithmengesteuerte Filterblasen „sozialer“ Medien verstärken auch ungesunde Ernährungsgewohnheiten und Stress. Studien zeigen, dass Jugendliche zunehmend Gefühle wie Unsicherheit oder Schuld mit dem Thema Essen verbinden. Diese Unsicherheiten sind eine Herausforderung für die Bio-Branche, die eine Brücke zur analogen Welt bauen muss. Haptik, Geschmack und Authentizität bleiben unverzichtbar. Wie der Soziologe Hartmut Rosa betont, sehnen sich Menschen nach Resonanz – einem Mitschwingen mit der realen Welt. Dies gilt besonders in Zeiten zunehmender digitaler Beschleunigung. Biologische Lebensmittel können genau diese Resonanz bieten, indem sie nicht nur gesunde Nahrung, sondern auch eine Verbindung zur Natur und Gemeinschaft schaffen. Die Zukunft der Außer-Haus-Versorgung wird bei richtigem Einsatz moderner digitaler Möglichkeiten präziser, nachhaltiger und transparenter. Sensoren, Algorithmen und Automatisierung ermöglichen es, Ressourcen effizienter zu nutzen und individuelle Bedürfnisse zu erfüllen. Doch der Schlüssel liegt darin, Technologie als Werkzeug zu verstehen, das menschlichen Bedürfnissen dient. Die Bio-Branche hat das Potenzial, digitale und analoge Stärken zu verbinden. Wenn Kantinen zu Resonanzräumen werden, in denen Genuss und Gemeinschaft im Vordergrund stehen, können sie zu Vorreitern in der digitalen Esskultur werden. Bio muss Innovationen nicht nur nutzen, sondern aktiv prägen, um im digitalen Zeitalter relevant zu bleiben. Denn am Ende entscheidet sich die Zukunft von Bio – genau wie die Esskultur – im digitalen Raum. Wertebasierte Lösungen und die aktive Entwicklung von Agilität und Anpassungsfähigkeit durch die Bio-Branche sind entscheidend, um zukunftsweisende Technologien gezielt und erfolgreich einzusetzen.

The State of Esskultur 🍽 Diskussion im SWR Radio mit Hanni Rützer und Silke Lichtenstein

Digitaler, diverser aber auch unübersichtlicher denn je. Wie hat sich unsere Esskultur in den letzten Jahren verändert? Wie durchgreifend, wie sinnvoll sind solche Trends? Woher kommen sie? Und wie sieht die Zukunft aus? …

Für die KI noch immer eine Mischung von Klischees: Deutsche Esskultur im Wandel der Zeit als generierte Bild von ChatGPT

 

🎙 Darüber habe ich zusammen mit den geschätzten Kolleginnen Dr. Silke Lichtenstein - Ökotrophologin von der Dr. Rainer Wild Stiftung sowie Hanni Rützler der Trendforscherin aus Wien im SWR Kultur Forum diskutiert.

💡 Mit spannenden Fragen hat uns Moderator Bernd Lechler so manches entlockt – eine inspirierende Diskussion über Ernährung zwischen Tradition und Zukunft!

🎧  Viel Freue beim Nachhören!

Auf der Bühne mit Sascha Lobo: Wie KI die Landwirtschaft revolutioniert 🌱🤖

Am 20. Januar 2025 wurde auf der Grünen Woche in Berlin der Innovationspreis Moderne Landwirtschaft verliehen. Ausgezeichnet wurden zukunftsweisende Projekte wie SAM-Dimension, ein Startup, das mithilfe von KI präzise Unkrautbekämpfung ermöglicht, und das Hofgut Dettenberg, ein Vorreiter in regenerativer Landwirtschaft.

Sascha Lobo, einer der führenden Köpfe für Digitalisierung und Gesellschaft, war wie ich Teil der Jury. In seiner Keynote vor der Verleihung zeigte er eindrucksvoll, wie Künstliche Intelligenz die Welt verändert und welche Chancen sie der Landwirtschaft eröffnet.

Digitaler Umbruch trifft Food-Kultur: Unser Gespräch auf der Bühne

Sascha Lobo im Talk  (Foto: FelixHolland.de)

Nach Saschas Vortrag hatten wir die Chance die Diskussion zu vertiefen. Sascha brachte es gleich zu Beginn auf den Punkt: “Es gibt ärgerlicherweise in der deutschen Öffentlichkeit einen Hang zur grotesken Überromantisierung im gesamten Bereich Landwirtschaft und Natur.”

Ein Satz, der genau das anspricht, was ich in meiner Arbeit oft beobachte. Viele Menschen sehnen sich nach Bildern aus einer vermeintlich „besseren“ Zeit zurück – romantisierte Vorstellungen, die oft wenig mit der Realität moderner Landwirtschaft zu tun haben.

Warum Genuss und Technologie kein Widerspruch sind

Ein zentraler Punkt in unserer Diskussion war die Frage, ob Technologie den Genuss „entmenschlicht“. Sascha zeigte klar, dass das Gegenteil der Fall sein kann: “Wenn ich mir im Januar meinen Feldsalat davon madig machen lasse, dass ein Roboter ihn gepflückt hat, dann habe ich ein problematisches Verständnis von Genuss.” … “Effizienz durch KI kann dazu führen, dass das eben gepflückte Gemüse einen Tag früher auf meinem Teller landet – das ist Fortschritt, der Genuss fördern kann.”

Mut zur Debatte: Landwirtschaft muss lauter werden

Trotz der Fortschritte steht die Landwirtschaft oft vor einem großen Problem: Sie wird in der öffentlichen Debatte oft missverstanden oder überhört. Sascha machte hier einen klaren Appell: “Die Landwirtschaft sollte noch offensiver und mutiger in die Debatte gehen, auch wenn die Öffentlichkeit oft sehr bösartig sein kann.”

Fragen über Fragen  (Foto: FelixHolland.de)

Es ist leicht, Landwirtschaft zu kritisieren, wenn man die komplexen Hintergründe nicht kennt. Aber es liegt an uns, die Geschichten zu erzählen, die zeigen, wie viel Innovationskraft und Leidenschaft in der Branche stecken. Sascha betonte: “Die Gegenseite kümmert sich nicht um Realität. Das heißt, wir müssen professionell, klug und charmant gegenkommunizieren.”

Abhängigkeit und digitale Souveränität

Ein weiteres wichtiges Thema war die digitale Infrastruktur in der Landwirtschaft. Wir diskutierten, wie Vernetzung zwar Abhängigkeiten schaffen kann, aber gleichzeitig enorme Chancen bietet: “Vernetzung bringt fast automatisch eine gewisse Abhängigkeit mit sich, aber der Fortschritt zeigt auch, dass man dadurch neue Möglichkeiten schaffen kann.”, stellte Sascha fest.

Ein optimistischer Ausblick

Am Ende bleibt für mich ein Gefühl von Hoffnung: Die Landwirtschaft hat das Potenzial, durch Technologie nicht nur effizienter, sondern auch nachhaltiger und genussvoller zu werden. Sascha brachte es auf den Punkt:

“Genuss und Fortschritt widersprechen sich in keiner Weise. Ganz im Gegenteil: Technologie kann dazu beitragen, dass wir frischere, bessere Lebensmittel genießen können.”

Unser Talk hat gezeigt, wie wichtig es ist, die Debatten rund um Landwirtschaft, KI und Genuss offen, mutig und breiter zu führen. Die Zukunft der Landwirtschaft ist nicht romantisch – sie ist modern, aufregend und voller Möglichkeiten.

Digitalisierung trifft auf Direktvermarktung 🍅📲 Interview mit dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt

Wiebke Weigel hat mich für das bayrische landwirtschaftliche Wochenblatt zur Digitalisierung von Hofladen und Wochenmarkt interviewt. Wo liegen die Chancen der Digitalisierung und Herrausforderungen für Landwirte und Landwirtinnen?

© freepik

Herr Haase, sie beschäftigen sich mit der Zukunft der Direktvermarktung und wünschen sich mehr digitalisierte Direktvertriebswege. Was heißt das genau?

Der digitale Wandel ist für viele zunächst ein großes Wort. Konkret müssen wir Prozesse einfacher, flexibler und für Kunden attraktiver machen. Für Direktvermarkter bedeutet das: Was kann ich ändern, damit die Leute mich finden? Bin ich in Suchmaschinen sichtbar? Sind meine Öffnungszeiten aktuell? Habe ich ein Profil, in dem jeder sieht, was es bei mir gibt? Und: Wo hole ich meine Kunden ab?

Welche Tipps haben Sie für Direktvermarkter, die schon einen Schritt weiter sind?

Ein Hofladen etwa könnte mit einem einfachen digitalen System Vorbestellungen ermöglichen und den Leuten über neue direkte Kommunikationskanäle wie WhatsApp sagen: ‚Dein Fleischpaket liegt am Samstag bereit.‘ Kunden wissen dann genau, was sie erwartet, und der Landwirt hat weniger Stress mit überschüssigen oder fehlenden Waren. Wer vorbestellt, hat die Ware sicher. Aber auch wer spontan kommt, hat noch die Chance auf das ein oder andere Extra.

Haben Sie noch einen Tipp?

Na, vielleicht vernetzte Verkaufsautomaten oder unbemannte Mini-Läden, die schon mehr können: Stellen Sie sich vor, der Kunde reserviert online drei Bratwürste, zahlt direkt in der App und holt sie abends, wann es ihm passt. Öffnungszeiten werden flexibler und der Aufwand im Alltag reduziert sich. So bleibt dem Landwirt mehr Zeit, sich den wirklich wichtigen Dingen zu widmen: Der Pflege seiner Produkte. Es sind oft recht kleine Schritte, die große Wirkung zeigen!

Welche Chancen bietet Digitalisierung traditionellen Hofläden und Direktvermarktern?

Digitalisierung kann eine riesige Chance sein, um die eigene Reichweite zu erhöhen. Sie kann entlastend wirken und es dem Kunden einfacher machen. Nicht zu vergessen: Kommunikation wird digital leichter: Ein gepflegtes Google-Profil oder auch eine einfache, gut geführte Website mit Infos zu Produkten und Öffnungszeiten hebt die Direktvermarktung auf die nächsthöhere Stufe. Das Schöne daran ist, dass man durch Digitalisierung neue Wege gehen kann, ohne Traditionelles zu verlieren. Wichtig ist, dass man das Digitale nicht als Ersatz, sondern Ergänzung sieht.

Mit welchen Herausforderungen sollten Direktvermarkter rechnen, wenn sie digitale Technologien integrieren wollen?

Die größten Herausforderungen liegen weniger in den technischen Möglichkeiten als in der Frage: Wo fange ich an, und wie kann ich das in meinen Betrieb integrieren, ohne mich zu überfordern? Viele Landwirte denken vielleicht: „Das klingt ja schön und gut, aber ich habe weder Zeit noch Mittel, mich jetzt in digitale Prozesse einzuarbeiten.“ Genau da muss man ansetzen: Mit kleinen Schritten beginnen und nicht gleich den ganzen Betrieb auf den Kopf stellen. Das können erstmal digitale Zahlmöglichkeiten oder die Aktualisierung von Bildern auf der Homepage oder in digitalen Profilen sein. Es geht darum, sich die Prozesse rauszupicken, die einem das Leben erleichtern.

© freepik

Gibt es etwas, wo Direktvermarkter unbedingt dabei sein sollten?

Die richtigen Kanäle zu wählen ist nicht immer einfach. Nicht jede App oder Plattform passt zu jedem Betrieb. Man muss sich fragen: Wo sind meine Kunden? Wie erreiche ich sie? Das könnte für manche ein Messenger sein, für andere eine App oder ein einfacher Newsletter. Plattformen wie Lokbest oder die Dorfladenbox.com bieten einen guten, ersten Einblick in die Fülle der Möglichkeiten.

Und dann stürmen die Kunden den Hofladen?

Natürlich ist Digitalisierung kein Selbstläufer. Es reicht halt nicht, einen Automaten hinzustellen und eine App zu nutzen. Ich muss die Pflege einplanen: Das Beantworten von Kundenfragen, das Aktualisieren von Angeboten und meines Profils. Aber die Zeit ist gut investiert und schafft mir an anderer Stelle Freiräume. Die größte Herausforderung dürfte sein, die Balance zu finden: Wie viel Digitalisierung macht Sinn für den Betrieb? Wo kann sie entlasten, ohne den Alltag komplizierter zu machen? Die Antwort darauf ist für jeden Betrieb individuell, aber die Möglichkeiten sind definitiv da.

Bleibt da nicht der persönliche Kontakt auf der Strecke?

Digitalisierung gilt oft als unpersönlich. Das stimmt nicht: Sie hilft, die Verbindung zum Kunden zu stärken. Es geht ja darum, intelligente, digitale Lösungen zu nutzen, um mehr Zeit für den persönlichen Austausch zu schaffen. Zeit, den Kunden zu beraten, ihm von der Kuh zu erzählen, die Zwillinge bekommen hat, oder ihm Rezepttipps zu geben. Das schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine engere Bindung. Digitalisierung soll entlasten, statt zu entfremden.

Wo sehen Sie die Zukunft der Direktvermarktung?

Ich wünsche mir eine Verbindung zwischen Landwirt und Verbraucher – persönlich und digital. Direktvermarktung muss sich weiterentwickeln. Der Hofladen soll zum „Showroom“ werden. Analoge Erlebnisse mit digitaler Flexibilität verbinden: Als Fenster zur Hofwelt ist er der Ort, an dem Produkte erlebt und Geschichten gehört werden. Aber auch der Ort, der mit dem Smartphone, unserer Fernbedienung zur Welt, digital erreichbar ist.

Wie können Verbraucher dazu beitragen?

Sie sollten bewusster einkaufen. Und sich fragen: Wo kommt mein Essen her? Um dann häufiger zum Hofladen oder in den Markt zu gehen und das digitale Angebot dort nutzen, wo es besser in ihren Alltag passt.

 

Interview mit der Rundschau für den Lebensmittelhandel zu Foodtrends 2025

Als Publizist und Keynote-Speaker werden Sie häufig mit dem Satz zitiert: „Neue Technologien stellen unsere Lebensmittelwelt auf den Kopf.“ Was passiert denn da?

Wir müssen künftig entscheiden, wie stark wir Algorithmen mitentscheiden lassen; Beispiel: Sortiments- oder Regalgestaltung. Hier gibt es ja bereits mitlernende Technologie, die vorgeben kann, wo welche Produkte im Regal stehen und wie viele davon. Prozesse dieser Art werden weiter zunehmen und wir müssen entscheiden, wie künftig das Mensch-Maschinen-Verhältnis aussehen soll; wie auch Bauchgefühl und Erfahrung der Kaufleute zum Tragen kommen, die mit individueller Gestaltung Einkaufserlebnisse kreieren.

Inwieweit kann Technologie zum Game-Changer bei der Bereitstellung von Produkten avancieren?

Wir sprechen von völlig neuen Arten der Lieferkettengestaltung oder auch der Produktionsbedingungen, wenn beispielsweise selbstständige Algorithmen automatisierte, sehr individuelle fluide Bestelllisten für jede Filiale im Handel erstellen, für jedes einzelne Regal für Wochen im Voraus planen, berechnet nach Wetter-, Urlaubs-, Konsumdaten, nach Foodtrends und Marketingaktivität. Ich wünsche mir von Akteuren das Verständnis, dass damit weniger eine graduelle Veränderung im Handel oder der Produktion passiert, sondern durchaus eine Revolution stattfindet.

Das bedeutet das für die Markenwelt?

Sie steht vor völlig neuen Herausforderungen. Beispiel: Der Kunde hat die Wahl zwischen zwei Produkten, gleichzeitig nutzt er ChatGPT oder andere KI-Agenten, die ihm Empfehlungen für die Produktauswahl bzw. für seine Ernährung geben, also Plattformen, die auf trainierten Algorithmen beruhen. Wer hat sie trainiert, ist die Marke bekannt? Bislang ist Werbung über ChatGPT gar nicht möglich, wie bleibt eine Marke damit bei den Nutzern relevant? Diese Fragestellungen sind zu klären; im Marketing müssen sich Marken jedenfalls auf eine ganz neue Welt einstellen.

Die Folgen für unser Essen?

Sprechen wir von digital gestützten Prozessen, die beispielsweise auf das Klientel individuell abgestimmte Angebote ermöglichen und damit den Absatz von Produkten optimieren, sehe ich große Chancen bei der Frische, auch im Convience- oder Tiefkühlbereich; hier können durch verbesserte Prognosen viele Vorteile entstehen. Die Kehrseite: Im Bereich der selbstlernenden Algorithmen ist nicht immer nachvollziehbar, wie es zu einer Empfehlung kommt, warum etwa ein Produkt für mich das richtige ist. Da kann es zu gravierenden Fehlleistungen kommen.

Und wie sieht es mit Genussmomenten aus? Bleiben sie auf der Strecke?

Es wird die kulturelle Herausforderung sein, dass wir als Gesellschaft diese Transformation auch menschlich gestalten. Es geht nicht nur um den innovativen oder KI-getriebenen Handel, sondern immer noch um den Kunden mit seinen Vorlieben und Werten, es geht um Menschlichkeit. Diesen Diskurs mitzuformen, wird auch entscheidend sein, wenn es darum geht, sich mit der eigenen Marke von anderen zu unterscheiden.

Mythen, Fakten und ein Blick in die Zukunft: Mein Beitrag beim KErn-Fachtag „Milch & Ernährungsmythen“

Ende letzten Jahres durfte ich beim Fachtag „Milch & Ernährungsmythen“ in München dabei sein – ein spannender Tag voller neuer Perspektiven und Fakten rund um Milch, Pflanzendrinks, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Gemeinsam mit über 120 Teilnehmenden, darunter Wissenschaftler:innen, Verbrauchervertreter:innen und Branchenkenner:innen, haben wir diskutiert: Welche Mythen rund um Milch existieren? Wie gesund ist Milch wirklich? Und wie schneiden pflanzliche Alternativen ab?

Was wir wirklich über Milch wissen

Schon die Vorträge am Vormittag waren beeindruckend. Dr. Eva Kiesswetter (Uniklinik Freiburg) räumte mit dem Vorurteil auf, Milch würde dem Herz schaden – ob fettarm oder vollfett, das spielt dabei keine Rolle. Prof. Dr. Hans Hauner (TU München) stellte klar: Milch kann helfen, Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Darmkrebs vorzubeugen. Und Prof. Dr. Gerhard Jahreis (Uni Jena) zeigte, dass Milchfett sogar bioaktive Substanzen enthält, die Allergien vorbeugen können.

Bei der Nachhaltigkeit wurde es dann richtig spannend: Dr. Thomas Nemecek (Agroscope Zürich) und Dr. Toni Meier (INL Halle) verglichen Milch mit Pflanzendrinks und erklärten, dass pflanzliche Alternativen zwar oft umweltfreundlicher wirken, aber beim Nährwert nicht mithalten können. Einzig Sojadrinks haben in allen Bereichen die Nase vorn – allerdings nur, wenn sie aus nachhaltiger Produktion stammen.

Die Macht von Social Media

Ein Highlight war der Beitrag von Eva-Maria Endres (APEK Kassel), die über die Rolle sozialer Medien bei der Verbreitung von Ernährungsmythen sprach. Sie erklärte, wie „Foodinfluencer“ Lifestyle und Image oft über Fakten stellen – kein Wunder, dass Mythen hier so schnell Fuß fassen. Die Lösung? Mehr Medienkompetenz und bessere Informationen, die auch online gut ankommen.

Was bleibt: Kommunikation ist der Schlüssel

In der Podiumsdiskussion am Nachmittag durfte ich dann selbst aktiv mitdiskutieren – zusammen mit Dr. Martin Kussmann (KErn) und Jutta Saumweber (Verbraucherzentrale Bayern). Wir haben uns gefragt, wie wir die Reichweite von Wissenschaft und Institutionen erhöhen können, um mit Social Media mitzuhalten. Eine spannende Antwort darauf ist der neue Ernährungsradar vom KErn – eine Plattform, die Fakten zu Ernährungsthemen attraktiv und zeitnah aufbereitet. Genau das brauchen wir, um Mythen mit Wissen entgegenzutreten.

“Digitale Spuren hinterlassen!” Interview zur Zukunft des Backhandwerks in digitalen Zeiten mit dem BÄKO Magazin

Produktion, Verkauf und Vertrieb von Lebensmitteln unterliegen einem ständigen Wandel - das digitale Zeitalter beschleunigt diese Prozesse aber erheblich.

Wie sich das auf das Geschäft von Bäckereiunternehmen auswirken kann, was das für die Kommunikation über Waren und Dienstleistungen bedeutet und wie die Kundenbeziehungen im Jahr 2050 beschaffen sein könnten, erläutert im Interview der gelernte Handwerker und Kommunikationsprofi Hendrik Haase.

Mit Falk Steins vom BÄKO-Magazin habe ich mich über die Zukunft der Bäckereien und Konditoreien in Zeiten digitaler Transformation unterhalten.


Die BÄKO (“Bäcker- und Konditoren-Genossenschaft”) ist eine zentrale Einkaufsgenossenschaft für das Bäcker- und Konditorenhandwerk in Deutschland. Sie unterstützt handwerkliche Betriebe mit einer breiten Palette an Produkten, von Rohstoffen und Zutaten bis hin zu Maschinen und Zubehör.
 



Wenn früher über die Zukunft der Ernährung in der Science Fiction spekuliert wurde, kam meistens so etwas wie Pillen oder Essen aus Tuben dabei heraus. So weit wird es hoffentlich nicht kommen?

Jedenfalls nicht für alle. Dem Ziel der Langlebigkeit folgend schlucken in den USA einige aber bereits jetzt täglich an die 100 Pillen, um die Biologie zu überlisten. Und wenn man die gegenwärtigen Kl-gestützten Trends zur personalisierten Ernährung inklusive Nahrungsergänzungsmitteln und zur körpernahen Sen-sorik mit der Messung von Schlaf-, DNA- und Mikrobiomdaten weiterdenkt, kann ich mir vor-stellen, dass einige dies bis ins Absurde steigern werden. Und auch heute gibt es schon Bevölkerungsschichten, die einfach billig satt werden wollen. Aber grundsätzlich glaube ich an die Kraft der Kultur, die auch dazu führt, dass wir Menschen Genuss leben möchten.

Welchen Stellenwert haben frische Brote und Backwaren im Jahr 2050 und welche maßgeblichen Transformationsprozesse führen dorthin?

Die Tatsache, dass alles digitaler, vernetzbarer, überwachbarer wird - im positiven wie im negativen Sinn - bringt eine Präzisionslandwirtschaft hervor, die dafür sorgt, dass die Grundlagen für Backwaren anders angebaut werden können. Gleichzeitig werden der analoge Genuss, das Zufällige, die vielfältige sinnliche Erfahrung von Lebensmitteln eine ganz neue Bedeutung bekommen. Der direkte Zugang zu diesem Thema, diese Erlebniswelt, ist für das Handwerk ein echtes Asset, das es von anderen Anbietern unterscheidet, Gleichzeitig wird es nicht mehr so viele Betriebe geben, die das leisten können, sodass dieser Genuss ggf. wenigen vorbehalten bleiben wird.

Wie verändern digitale Vernetzung und Robotik den Arbeitsalltag von morgen in der Produktion?

Prognosen zur Technologieentwicklung sind schon für fünf Jahre im Voraus schwierig. Wir werden aber definitiv eine Zunahme der Automatisierung sehen und dank neuer digitaler Möglichkeiten die Maschinen noch präziser, aber auch individueller steuern können, sodass sich die Maschinen eher wieder dem menschlichen, handwerklichen Maß annähern. Der Bäcker wird mit seiner Backstube kommunizieren können, um zu bestimmen, welches Brot in der kommenden Woche gebacken wird. Deren Algorithmus schlägt ihm auf Basis von Daten zur Getreideernte und -qualität, Lieferketten, Warenbestand, Wettereinflüssen, Retourenquoten, Maschinenauslastung und eventuell Personalplanung Rezepte und Produkte vor, die er dann umsetzen kann oder nicht. Das ist nicht mehr Digitalisierung, sondern eine Mensch-Maschinen-Beziehung, die der Bäcker erlernen muss wie den Gebrauch eines neuen Ofens.

Wie muss ein Bäckereifachgeschäft beschaffen sein, um auch 2050 noch die Kundschaft zum persönlichen Erscheinen zu motivieren?

So wie sich der Lebensmittelhandel vom Kolonialwarenladen zum modernen Supermarkt mit Self-Checkout verändert hat, muss auch in der Bäckerei der Zukunft der Mehrwert gegeben sein. Und da Einkauf und Checkout samt Bezahlung getrackt werden - das ist dank BÄKO-AutoPOS ja schon Realität - geht es hier um die menschliche Komponente: Warum soll ich mit jemand kommunizieren, der nicht mehr weiß über ein Brot als dass es 20% Roggen enthält oder fragt: „Kartenzahlung - ja oder nein?

Darfs ein bisschen mehr sein?" Es braucht vielmehr Menschen, die kenntnisreich durch das Sortiment führen, zum Genuss anleiten und Hintergründe erklären können. Um diesen Mehrwert geht es!

Was verändert sich noch im Verkauf?

Alle Anbieter von Lebensmitteln müssen sich auf eine umfassend vernetzte Welt einstellen, in der so viele Körperparameter aus dem „Internet der Körper" zur Verfügung stehen, dass sich das Verhältnis zum Essen und zur Ernährung gründlich verändert hat. Die Kunden werden dann eine von Grund auf individuellere Beköstigung erwarten und die Frage ist, wie man das künftig meistert - also quasi die „Skalierung der Individualisierung". Geht man darauf voll ein - oder setzt man bewusst ein Statement dagegen, indem man nur drei Brote anbietet? Beratung kann auch die Künstliche Intelligenz übernehmen und Sensorik wird man ihr ebenfalls beibringen können. ChatGPT ist bereits in der Lage, sehr fundierte Ernährungs-empfehlungen zu geben - das hätte ich noch vor vier Jahren kaum für möglich gehalten. Und nun kommt durch die Kooperation von Chat-GPT und Apple die Kl auf eine Milliarde End-geräte: Mit „iOS 18" erhält Siri Superkräfte ...

Die demografische Entwicklung macht uns aktuell wenig Hoffnung, dass in absehbarer Zeit mehr Fach- und Nachwuchskräfte für das Food-Handwerk zur Verfügung stehen. Wie hat die Branche dieses Problem 2050 bewältigt?

Entweder geht sie in die vollständige Automatisierung von der Produktion bis hin zur Bezahlung mit Theken, die sich selbst beladen. Oder eben ins Erlebnis: In Metropolen wie Berlin ist schon jetzt das Erlebnis Backen als Teil des Handwerks ausschlaggebend und gar nicht die Größe des Sortiments. Das menschliche Erlebnis wird 2050 eine größere Bedeutung haben und bringt auch eine Verschiebung der Job-funktionen mit sich: Jetzt müssen nämlich die vorne im Verkauf wissen, wie ein Sauerteig angesetzt wird und das auch erklären können.

Schon heute ist ja der Bäckermeister hinten in der Produktion beim Brotkauf der spannendere Gesprächspartner... Diese Dienstleistung muss allerdings auch ihren Preis haben, also sprechen wir hier tendenziell von einem hochpreisigen Angebot.

Auch Vendingkonzepte machen angesichts des Personalmangels derzeit im Bäcker-handwerk Furore. Werden sie sich durchsetzen - und können sie auch hochwertig konzipiert sein?

Ja, hochwertig digital! Die Konzepte, die mich derzeit am Markt begeistern, sind diejenigen, die das Vending implementieren in ein Gesamtkonzept mit Produkterlebnis. Wo ich also schon jetzt per Kreditkarte mein Lieblingsbrot reser-vieren, bezahlen und es dann entweder im Laden oder am Automaten abholen kann, gerne noch mit einer freundlichen persönlichen Botschaft versehen. Ist der Bäcker dann auch noch fit im Marketing über die einschlägigen Apps, wird ein digitales Gesamtpaket daraus.

Das ist eine neue Dienstleistung, die ihn in der Backstube mit den Handys in den Hosentaschen der Kunden verbindet. Schauen wir jetzt in die Zukunft, glaube ich, dass die Tage der App schon gezählt sind; stattdessen wird es einen zentralen digitalen „Assistenten" geben, der alle Aktivitäten bündelt. Und dann kommt alles darauf an, ob die Dienstleistung einer Bäckerei so relevant ist, dass sie von ihm vorgeschlagen wird. Schon jetzt verliert z. B. Google massiv Werbekunden, weil die User nicht mehr nach „Bäcker Braunschweig" suchen und sich dann mit drei Seiten Suchergebnissen zufrieden geben, sondern einfach die Kl fragen und eine passende Antwort erwarten. Mit solchen Themen sollte man sich eher früher als später beschäftigen, denn es gilt, eine digitale Identität aufzubauen, die im Relevanzspektrum der Kl auftaucht und eine Brücke schlägt zum analogen Genuss.

Heute kauft die Kundschaft noch weit überwiegend im Bäckerei- oder Konditoreifachgeschäft ihre Ware ein. Welche Vertriebswege werden in 25 Jahren vorherrschend sein?

Die Wege des Kunden zum Brot werden hybrider und immer noch Off- und Onlineaspekte beinhalten. Konzepte mit Lieferdiensten sind nach wie vor relevant, doch was aktuell noch per Fahrrad ausgeliefert wird, kommt bald im selbst-fahrenden Lieferroboter oder per Drohne. Zu einem „Onlineshop" im klassischen Sinne kann ich keinem Bäcker raten - es sollte vielmehr um eine smarte digitale Dienstleistung gehen, die das Bestellwesen ebenso beinhaltet wie Eventmarketing - so etwa eine Einladung zur Verkostung - und personalisierte Produktempfehlungen.

Sprechen wir über Kommunikation: Die Kommunikation mit der Öffentlichkeit bewegt sich im Food-Handwerk derzeit noch weitgehend traditionellen Bahnen. Wie gelangt die „frohe Botschaft" 2050 zu den Verbrauchern?

In Deutschland verhindert der Datenschutz momentan, dass selbst gute, relevante, nicht nervende Informationen übermittelt werden können - das sieht in Asien oder auch den USA bereits ganz anders aus. In Europa steht man sich in puncto digitale Kultur mitunter selbst im Weg oder scheitert an der Überregulierung.

Wenn die europäische Gesetzgebung aber den Weg dafür frei macht, wird es schon sehr bald aber auch hier entsprechende Schnittstellen geben. Wenn Sie Vegetarier sind, zwei Kinder haben und einen Hund zu versorgen, weiß das

z. B. Apple Intelligence aus Ihrer Kommunikation und wird automatisch passende relevante Empfehlungen geben. Das wird nicht jedem gefallen und der Markt der Zukunft wird hybrid sein, aber eine digitale Verweigerung wird immer schwerer durchzuhalten sein.

Welche Zukunft haben die gegenwärtigen Kommunikationswege?

Statische Homepages oder Onlineshops mit ein paar bunten Bildern plus „Gehe auf Instagram oder TikTok, da erreichst du die jungen Leute" - das genügt einfach nicht mehr. Soziale Medien können zwar für einige Betriebe sehr gut passen als Bestandteil einer digitalen Zukunftsstrategie, aber eben nur in Verbindung mit dem ganzheitlichen Dienstleistungsangebot. Mit den selbstlernenden Algorithmen der Kl können viele Handwerksunternehmen und selbst PR-Agenturen im Marketing bislang noch wenig anfangen, aber in Zukunft brauchen wir eindeutig „KI-Relations" und nicht Artikel in Frauenzeitschriften. Eine Branche, die sich mit neuen Märkten beschäftigt, wird immer wieder neue Anhaltspunkte finden und mit dem Markt Schritt halten. Auch der Werbemarkt wird sich in diese Richtung bewegen.

Sie konstatieren, dass wir uns aktuell bereits weit von der Herkunft unserer Lebensmittel entfernt haben, mit den Prozessen in Landwirtschaft und handwerklicher oder auch industrieller Backwarenherstellung gar nicht mehr vertraut sind. Wie nah dran oder weit weg werden wir in der Zukunft sein?

Was das Wissen über die Herkunft von Lebensmitteln betrifft, sind wir viel weiter als vorige Generationen, aber selbst Zertifizierungen wie Bio und Fairtrade gehen manchen nicht weit genug, und sie graben über komplexe Liefer-ketten hinweg noch weiter in die Tiefe hinsichtlich Transparenz, Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit. Aber selbst diese werden ins Leere laufen, wenn es nicht gelingt, die Verbindung mit der „menschlichen Schnitt-stelle" - mit Nase, Mund, Bauch, Herz - herzu-stellen. Meine Hoffnung ist, dass wir lernen, mit der digitalen Informationsfülle „gesünder" um-zugehen. Aktuell stehen viele Jüngere aus den Generationen Z und Alpha unter hohem Stress, weil sie permanent das Gefühl haben, sie ernähren sich falsch oder nicht nachhaltig genug.

Wie wir alle müssen sie lernen, wann wir in den digitalen Raum gehen und Schlüsseltechnologien benutzen - und wann nicht. Momentan bewegen wir uns von Lieferketten oder Einzelunternehmungen hin zu Netzwerken mit begleitenden Algorithmen, die mit unserer Lebenswelt mitwachsen - ich begreife das als einen Kulturwandel, auf den wir Menschen uns einstellen müssen. Wer diesen Kulturwandel versteht und Antworten darauf hat, wird in Zukunft erfolgreich sein.




Zukunft Food: Im Gespräch mit der Rundschau für den Lebensmittelhandel

© Kompetenzzentrum für Ernährung Bayern

Rundschau: Über die Zukunft von Food haben Sie mögliche Auswirkungen auf unser Essen durch den Einsatz von KI genannt: Gehen wir von digital gestützten Prozessen aus, die etwa individuell abgestimmte Kundenangebote ermöglichen und damit den Warenabsatz optimieren können, sehen Sie durch diese verbesserten Prognosen unter anderem große Chancen bei der Frische. Welche Vorteile sehen Sie außerdem?

Hendrik Haase: Ich hoffe, dass auch wieder eine gewisse Nähe zu den Produzenten entsteht, indem eine direktere Verbindung zu den Herstellern eingegangen werden kann – beispielsweise Bestellungen per App direkt beim Bauern. 

Beim Verständnis für unser Essen hat sich in den letzten Jahrzehnten ja eher eine Anonymisierung und auch eine Art Unverständnis eingeschlichen; die Hoffnung ist somit, dass sich über eine stärkere Verbindung zum Thema auch wieder eine größere Wertschätzung ausbildet.

Eine Art Aufklärungsarbeit also?

Genau. Wir sind meiner Ansicht nach in der Pflicht, neue Wege der Informationen zu implementieren, andernfalls werden Produkte immer anonymer und Mehrwerte wie Nachhaltigkeit, Tierwohl etc. können kaum noch in Wertschöpfung umgesetzt werden.

Starke Marken oder auch Influencer-Marken machen es bereits vor, indem sie beispielsweise nicht nur mit Nachhaltigkeit werben, sondern eine Verbindung zum Ursprung der Produkte bzw. ihrer Zutaten herstellen und in emotionale Narrative übersetzen. 

Kommunikation ist keine Einbahnstraße, sondern ein lebendiger Dialog rund um das Produkt und seine Story – die jüngere Generation kreiert und konsumiert bereits auf diese Weise. 

Sie sagen auch, dass eine junge Generation wie Gen Z ganz anders isst…

Was Esskultur angeht, haben sie eine ganz andere Prägung, einen ganz anderen Zugang zu Produkten. Gen Z ist nicht mit Kochbuch-Klassikern aufgewachsen, sondern mit TikTok und Youtube, und somit mit Rezepten, die ‚leben‘ – man muss vor- und zurückspulen und automatisiert die Portionsgrößen anpassen können; alles, was mit einem Kochbuch nicht funktioniert. Auch die Inspiration, was gegessen wird, kommt über diese Kanäle. Der jungen Generation geht es beim Essen außerdem viel mehr um Identität und Lifestyle. Sie sagen nicht „ich ernähre mich vegetarisch“, sondern „ich bin Vegetarier, ich bin Veganer.“ Das ist eine Identitätsbeschreibung. 

Mit welchen Auswirkungen ist für Handel und Industrie zu rechnen?

Ich spreche gerne von einer „digitalen Esskultur“, und die haben aus meiner Sicht noch nicht viele verstanden. Es geht bei dieser Entwicklung nicht nur darum, selbst auf Social Media präsent zu sein. Wir haben es bei TikTok mit einem selbstlernenden Algorithmus zu tun, der Nutzern eine ganz individuelle mediale Welt zusammenfügt und dazu gehören natürlich auch die Lebensmittel - wie kriegt man da als Händler und als Marke einen Fuß in die Tür? Wir müssen über Youtube-Werbung reden, über Influencer Marketing, über omnipotente, KI-gestützte, digitale Assistenten in jeder Hosentasche.

Nehmen wir noch die Entwicklung körpernaher Sensoren hinzu, die Blutzuckerwerte live messen, mit dem Konsum abgleichen und dann in der zugehörigen App einfach von Produkten abraten. Bei der Zukunft der personalisierten Ernährung haben wir noch mehr Redebedarf. Diese neue Welt muss verstanden werden und wir können nicht warten, was sich aus den schnellen Entwicklungen noch so alles ergibt - Künstliche Intelligenz muss auf dem Weg reguliert werden. 

Podcast Food Fak(t): Genuss im digitalen Zeitalter - Wie KI unsere Esskultur neu definiert

"Ich will in meinem Podcast das Ende von Greenwashing und Blabla einläuten", sagt Stefan über seinen Podcast, "Ich forsche nach Lösungen für philanthropische Nahrungskonzepte, stelle provokante Fragen und schärfe hoffentlich das Bewusstsein für ein faires Miteinander – zu Tisch und überall sonst."

Letzte Woche war ich zu Gast im Podcast von Stefan Fak, dem Wiener Berliner Gründer und Moderator von Food Fak(t), der für seine tiefgründigen Einblicke in die Welt der Ernährung und Lebensmittelinnovation bekannt ist. Gemeinsam sprechen wir darüber, wie Künstliche Intelligenz unsere Art zu essen und zu genießen verändert – und welche spannenden Möglichkeiten und Herausforderungen sich dadurch ergeben.

Was erwartet euch?

Kann KI das Genusserlebnis wirklich steigern? Diese provokante Frage nehmen wir in den Fokus. Wir diskutieren, wie digitale Services den Zugang zu hochwertigen, nachhaltigen Lebensmitteln erleichtern und neue Chancen für die Lebensmittelwelt eröffnen. Doch bei all der Technik bleibt für mich eine Sache klar: Der echte Genuss ist und bleibt untrennbar mit dem menschlichen Herzen und unseren Sinnen verbunden.

Eine Reise durch Trends und Technik

Freut euch auf einen lebendigen und aufschlussreichen Talk, in dem wir auch kritisch auf die Herausforderungen der Digitalisierung eingehen und darüber sprechen, wie Genuss und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können. Egal, ob ihr Food-Hunter, Zukunftsoptimisten oder einfach nur neugierige Genießer seid – diese Episode bietet spannende Einblicke in die kulinarische Zukunft.

Hört rein und seid gespannt auf unsere Gedanken zur Zukunft des Essens – hier auf der Webseite des Podcasts könnt ihr die Episode direkt anhören

Buch-Interview: FOOD CHAINge – Eine Neuorientierung in der Lebensmittelproduktion

In ihrem neuen Buch FOOD CHAINge nimmt Nadine Filko uns mit auf eine spannende Reise hin zu einer neu gedachten Wertschöpfung in der Lebensmittelproduktion. Das Buch beleuchtet, wie Menschen, Mechanismen und ein durchdachter Masterplan dazu beitragen können, unser Lebensmittelsystem zu transformieren und dabei die planetaren Grenzen zu respektieren. Dabei stellt Filko eine Vielzahl an Expert:innen vor, die in diesem Prozess eine Schlüsselrolle spielen.

Das Buch versammelt die Expertise führender Stimmen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Mit dabei sind u.a. Dr. Ophelia Nick (Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), David Neven (Senior Economist bei der FAO - Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen), Christine Gould (Gründerin der Plattform Thought For Food) oder Benjamin Bodirsky (Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)

Ich durfte ebenfalls mitwirken. In meinem Interview mit Nadine diskutiere ich die Bedeutung von KI für die Gestaltung eines nachhaltigen und ethischen Lebensmittelsystems, sowie die Herausforderungen, die damit einhergehen.

Transformation und Zeit: Knotenpunkte der Transformation aus der Vergangenheit bewirken Handlungen in der Gegenwart. (Quelle: FOOD CHAINge)

In meinem Interview für FOOD CHAINge teile ich meine Perspektiven auf die tiefgreifenden Auswirkungen, die KI auf die Lebensmittelindustrie hat. Hier sind fünf zentrale Thesen aus dem Gespräch:

KI als Basistechnologie: KI ist vergleichbar mit einer Infrastruktur wie elektrischer Strom. Sie beeinflusst alle Ebenen der Lebensmittelwertschöpfungskette, von der Landwirtschaft bis zum Einzelhandel.

Datenqualität als Schlüssel: Der Erfolg von KI hängt entscheidend von der Qualität und Vielfalt der erhobenen Daten ab. Nur mit hochwertigen und umfassenden Daten können KI-Systeme sinnvolle Entscheidungen treffen.

Transparenz und Rückverfolgbarkeit: KI trägt zur Schaffung von Transparenz in Lieferketten bei. Dies ermöglicht es, Produkte ethisch und nachhaltig zu produzieren und den gesamten Prozess für alle Beteiligten nachvollziehbar zu gestalten.

Dezentralisierung und Vielfalt: Um Monopole zu verhindern, müssen wir sicherstellen, dass Daten und KI-Systeme dezentralisiert bleiben und nicht in den Händen weniger Konzerne konzentriert sind.

Politische Rahmenbedingungen: Es braucht klare Regeln und politische Gestaltung, um sicherzustellen, dass KI im Sinne der Gesellschaft eingesetzt wird und nicht ausschließlich wirtschaftlichen Interessen dient.

FOOD CHAINge richtet sich an alle, die nicht nur über die bestehenden Probleme in der Nahrungsmittelproduktion Bescheid wissen wollen, sondern auch nach praktischen und zukunftsweisenden Lösungen suchen. Die Leser:innen werden dazu eingeladen, das komplexe Geflecht der globalen Lebensmittelwertschöpfung zu durchdringen und sich selbst als aktiven Teil des Wandels zu begreifen.

Hier findet Ihr das Buch beim Deutschen Fachverlag.

Digital. Viral. Banal? - Interview mit dem “Gastgeber Bayern” Magazin der DEHOGA

Dieses Jahr habe ich die Freude den Bayrischen Gastgebertag der DEHOGA als Vortragsredner mitgestalten zu düfen. Am 5. November spreche ich über die vielen Themen die mich in der Gastwelt im digitalen und ökologische Umbruch bewegen. Vorab habe ich mit dem Magazin der Dehoga darüber gesprochen…

➡️ Hier findet Ihr das Magazin online

 

Digital. Viral. Banal?
So prägt das Internet unsere Esskultur

„Zeig mir, was Du isst, und ich sage Dir, wer Du bist.“ Klingt nach Küchenpsychologie? Tatsächlich sind Lebensmittel heute nicht nur Mittel zum Leben. Es sind Identitätsmarker. Wer Oma früher mit Punkerfrisur schocken wollte, provoziert heute eher mit der Aussage „Ich bin Veganer!“

Das Gastgeber-Bayern-Magazin traf einen, der es wissen muss: Hendrik Haase hat Kommunikationsdesign studiert und ist heute gefragter Autor, Redner und Berater rund um das Thema Esskultur. Er sagt: „Lifestyle definiert sich bei jungen Menschen heute stark über das Essen. Das ist für ältere Generationen manchmal schwierig zu verstehen. Oft führt es zu Konflikten und dem Vorwurf, die Jungen machen alles so kompliziert. Gastgeber und Lebensmittelproduzenten sollten diesen Aspekt jedoch beachten, weil sie sonst mit ihren Produkten und Marketingstrategien die neue Zielgruppe nicht erreichen.“

Das Gastgebermagazin ist gerade frisch erschienen. 

KOCHSHOWS IM TV, REZEPTINSPIRATION IN ZEITSCHRIFTEN – WELCHEN EINFLUSS HAT DENN DA DIE DIGITALISIERUNG AUF ERNÄHRUNGSTRENDS?

Haase: „Drei bis fünf Stunden Zeit verbringen junge Menschen heute auf Social-Media-Plattformen. Davon die größte Zeit auf Tiktok. Diese App wird heute mehr genutzt als YouTube, Netflix, Facebook oder Instagram. Das hat einen immensen Einfluss auf Konsum und Esskultur. Deswegen spreche ich auch von der „digitalen Esskultur“, deren Einfluss wir bislang noch viel zu wenig berücksichtigen. In den USA zeigen Umfragen: Mehr als die Hälfte der Generation Z lässt sich beim Thema Essen von Tiktok inspirieren. Der besondere Unterschied von Tiktok gegenüber Apps wie Facebook: Der Nutzer sieht Inhalte, die eine KI ihm vorschlägt, nicht die Inhalte der eigenen Freunde. Das kann zu erheblichen Verzerrungen führen.

TIKTOK – EIN UNTERSCHÄTZTER MANIPULATIONS-POOL?

Haase erahnt das unglaubliche Manipulationspotential, dass sich hinter derartigen Plattformen verbirgt. Der Algorithmus dieser App kann sich rasend schnell auf die Interessen des Anwenders einstellen. Die Software analysiert im Hintergrund eine ganze Fülle an Aspekten: Was wird angeschaut? Wie lange? In welchem Moment wird der Inhalt gewechselt? Testweise werden neue Inhalte vorgeschlagen, um den Nutzer noch besser einschätzen zu können. So entstehen ganz individuelle „Informationsblasen“, die auch Ernährungsgewohnheiten beeinflussen. Haase: „Ich bringe dazu mal ein praktisches Beispiel: Wenn ich mich als Mensch gesund ernähren will, sehe ich auf Tiktok Fitnessleute. Einer von denen erwähnt, dass Zuckerkonsum ungesund ist. Ich interessiere mich dafür und bekomme weitere Videos eingespielt. Dort erwähnt dann ein anderer, von Milch bekäme man Krebs. Ich verfolge diesen Informationsstrang und lande bei einem, der behauptet, er isst nur noch eine Banane pro Tag. So führt der Weg unter Umständen rasch in eine Filterblase der Mangelernährung.“ Brisant daran: Weder Verbraucher und Politiker noch Wirtschaftsvertreter sind sich bewusst, welchen immensen Einfluss derartige Plattformen auf unser Konsumverhalten haben. Haase: „In den USA wird das Thema viel schärfer diskutiert. Das wünsche ich mir hierzulande auch. Ich wundere mich über Aktionen wie jene von Cem Özdemir, der ein Verbot großflächiger Werbeplakate vor Kindergärten fordert. Wenn ich Politiker dann frage: ‚Und was ist mit Tiktok?‘, dann kommt zurück: ‚Wissen wir noch nicht.‘ Plakate interessieren die Generation nicht mehr, die vor schädlichem Konsum geschützt werden soll.“

TECH-KONZERNE UND IHR EINFLUSS AUF UNSERE ESSKULTUR

Frage an den Experten: Wie sollte die Politik mit KI-basierten Informationskanälen umgehen? Was kann sie tun, um mit dieser Entwicklung besser Schritt zu halten? Haase: „Es fehlt in Wirtschaft und Politik an einem grundlegenden Verständnis für die Macht der Tech-Konzerne auf unsere Esskultur. Sie können völlig frei agieren. Wir kontrollieren weder ihren Zugriff auf die Zielgruppen noch die dargestellten Inhalte. Digitale Kontrolle braucht es aber – und das entlang der gesamten Lebensmittelkette, bis hinunter zu den Landwirten. Elon Musk kooperiert mit dem Landmaschinenhersteller John Deere. Auch in Bayern fahren deren Traktoren auf Feldern, die mittlerweile voll ausgestattet sind mit digitaler Technik. Den nötigen Internetzugang erhalten die Geräte über das Satellitennetzwerk Starlink, das Musk gehört. Das eröffnet ihm einen ungeheuren Handlungsspielraum. Schlimmstenfalls kann er so die Landmaschinen in Deutschland lahmlegen, wenn ihm etwas nicht passt.“

DIE KÜNSTLICHE KULINARISCHE INTELLIGENZ – EIN JOB-KILLER FÜR DEN KOCH?

Zurück vom Acker in die Küche: Auch hier findet man internetfähige Technik. Haase spricht von der „künstlichen kulinarischen Intelligenz“. Müssen sich Köche Sorgen machen um ihren Job? Es gibt keine Ja-Nein- Antwort auf diese Frage. Was sich aber sagen lässt: Standardisierte Prozesse, wie etwa in der Systemgastronomie, werden künftig vielfach automatisiert ablaufen. Kreatives Kochen können Roboter nicht übernehmen. Sie scheitern bereits an der nötigen Feinmotorik, aber auch am sensorischen Verständnis für Zutaten. Doch KI-Technologie lässt sich auch hier sinnvoll einsetzen. Chips, die nicht nur Temperaturen, sondern auch Gerüche analysieren, können helfen, die Lager- und Kühllogistik effizienter und ressourcensparender zu gestalten. Frühzeitig lässt sich damit erkennen, ob Lebensmittel bald verderben. KI-Tools bieten passende Rezeptvorschläge für einen schnellen Verbrauch.

GIBT ES KONKRETE BEISPIELE, WIE GASTGEBER KI NUTZEN KÖNNEN, UM IHRE GÄSTE GLÜCKLICH ZU MACHEN?

Haase: „Wir erleben eine wahnsinnige Personalisierung unserer Lebenswelt. Die Idee aus der Industrialisierung – ein Auto, ein Stuhl, ein Steak für alle – hatte auch Auswirkung auf das Lebensmittelangebot oder die Gestaltung der Speisekarten in Restaurants. Das wirkt heute nicht mehr. Gäste tragen ihre individuellen Wünsche in die Hotels und Restaurants. Gastronomen können dieser Entwicklung auf zwei Arten begegnen: Sie individualisieren ihr Konzept oder beschränken sich auf ein einheitliches hochqualitatives Angebot. Digitale Helfer bieten die nötige Unterstützung, um individuellen Wünschen gerecht zu werden, etwa bei der Koordinierung von Lieferanten, Zimmerbuchungen, Bestellsystemen.“

FOOD-STARTUPS – FREUND ODER FEIND?

Junge Food-Startups bilden oft die Speerspitze, wenn es darum geht, neue Technologien für Konsumenten nutzbar zu machen. Doch sind sie Freund oder Feind traditioneller Betriebe im Gastgewerbe? Haase sieht darin viel positives Potential. Sein Appell: Nehmt Startups ernst! Nicht nur etablierte Startup-Unternehmen, sondern auch kleine Gruppen innovativer Denker. Sein Wunsch: Mehr Möglichkeiten zum Netzwerken zwischen Gastgewerbe und innovativen Startups. Denn Letztere sitzen oft in Städten, wobei sich Betriebe, die von deren Technologie profitieren können, vielfach auf dem Land befinden. „Dabei ist völlig klar, dass hier zwei Welten aufeinanderprallen“, betont Haase. „Startups wollen Veränderung, etwas neu und besser machen. Dass die dann aber keine Ahnung von Landwirtschaft oder einem Wirtshaus auf der Alm haben ist verständlich. Ich will Brücken bauen zwischen innovativen Gründern und Gastgebern. Ich bin überzeugt, dass sich daraus unglaublich wertvolle Synergieeffekte ergeben, um eine traditionelle, regionale Genusskultur zu erhalten. Gerade kleine Betriebe laufen sonst Gefahr, in den Algorithmen oder der neuen Kommunikationskultur – Stichwort Tiktok – nicht mehr vorzukommen.“

GENUSSTREND: ERLEBNISSE ZUM RIECHEN, FÜHLEN, SCHMECKEN

Die Digitalisierung nimmt in unserem Leben, privat wie beruflich, einen enorm großen Raum ein. Das Smartphone ist nie weit entfernt. Wie ein amerikanisches Forschungsunternehmen vor einigen Jahren herausgefunden hat, berühren wir es mehr als 2.600 Mal am Tag, manche sogar mehr als 5.400 Mal. Darin verbirgt sich für Haase eine Riesenchance für die Gastronomie und Hotellerie: „Etwas ganz real zu erleben, zu genießen – dem kommt künftig eine große Bedeutung zu. Ein Restaurant in Berlin zielt genau darauf ab mit dem Motto: ‚Fass dein Essen wieder an.‘ Front Cooking, Schnupperkurse, sensorische Erlebnisse gehen genau in die richtige Richtung und holen den Gast aus seiner digitalen Welt. Für mich ist das ein Zweiklang: Wo kann ich digitaler werden, um Lebensmittel und Arbeitskraft zu sparen? Wo kann ich analoger werden, um meine Gäste zu begeistern? Riechen, fühlen, schmecken, Natur- und Gemeinschaftserlebnisse – das ist das, wonach sich Gäste künftig verstärkt sehnen werden.“

„Die Gen Z isst anders“ - Interview mit dem Magazin GV-Praxis

Das Interview findet sich auch in der Print-Ausgabe der gvpraxis 10/2024 - Hier als e-paper.

Publizist Hendrik Haase beobachtet seit Jahren, wie Tiktok & Co. das Verhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflussen – und das nicht nur im Positiven. Das kann auch Folgen für die Schulkantinen haben. Im Interview appelliert er an die Politik und die Gemeinschaftsverpflegung. Was kann getan werden, damit junge Menschen besser geschützt sind und wieder lernen, zu genießen?

GV-Praxis: Bei einer Fachtagung der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung hast du gefordert, dass die junge Generation in der digitalen Welt des Essens nicht allein gelassen werden darf. Was genau ist die Gefahr?
Haase: Neben dem Elternhaus und dem Alltagsleben hat Social Media einen extrem großen Einfluss auf unsere esskulturelle und auch politische Prägung. Mittlerweile weiß man, dass vor allem spaltende, populistische und emotional aufwirbelnde Statements vom Algorithmus gepusht werden – weil dies Klicks und Kommentare verspricht. Die Plattformen sind nicht da, um alle möglichst gut miteinander zu vernetzen, wie es deren Marketing so gerne behauptet, sondern um die Menschen möglichst lange darauf zu halten. Die Menschen bleiben vor allem lange dort, wenn sie sich streiten und berieseln lassen können.

Was bedeutet das in Bezug auf Ernährungs-Themen?
Wir erleben eine Polarisierung. Auf der einen Seite haben wir Gesundheitsgurus, auf der anderen Seite Essstörungs-Fanatiker. Aussagen wie „Milch ist krebserregend“, „Fleisch ist Teufelszeug“ oder „Ich esse ausschließlich Fleisch, glaube nicht den Veganern“, sind Statements, die der Algorithmus pusht und die somit gut funktionieren. Die Gefahr besteht vor allem für junge Menschen. Häufig schauen Sie sich die Inhalte zu lange an bekommen in der Folge immer mehr davon zu sehen und gleiten dadurch in Blasen ab, die ihnen nur Extreme zeigen und eben nicht, wie nachhaltiges Kochen und gesundes Essen geht. Aussagen wie: „Darauf solltest du verzichten“ oder „Das solltest du auf keinen Fall essen“ verunsichern.

Es werden also mit Vorliebe populistische, extreme und negative Inhalte gepusht?
Ja, und wir müssen uns überlegen, was das in den nächsten Jahren mit der Gastronomie-Branche macht und für die Lebensmittel-Welt bedeutet, wenn wir es vor allem mit Food-Fake-News und verdrehten Zahlen zu tun haben. Studien werden nicht mehr sorgfältig abgewogen, stattdessen geht es dann um abstruse Diäten, extreme Ernährungsweisen, nicht nachgewiesene Behauptungen, krasse Bilder. Wir brauchen in Sachen Ernährung wieder eine Versachlichung. Bei polarisierenden Themen fehlt die Einordnung – wer älter ist, kann vielleicht noch die Meta-Ebene einnehmen, aber kleine Kinder und Jugendliche können das nicht.

Um welche Plattformen geht es da konkret – Instagram und TikTok?
Instagram ist bei den sehr jungen Menschen schon kein Thema mehr. Während Cem Özdemir Großflächenplakate für Lebensmittel vor Schulen verbieten will, bleibt einer der gewaltigsten Einflussfaktoren auf die Esskultur nachwachsender Generationen aber unbeachtet: TikTok. Aktuelle Studien legen nahe, dass TikTok enormes Potenzial hat, ungesunde Essgewohnheiten und sogar Essstörungen zu fördern. Von der Glorifizierung des Gewichtsverlusts bis hin zur Verbreitung von Fehlinformationen über Ernährung – diese Inhalte haben bereits jetzt ernsthafte Auswirkungen auf das Essverhalten und die Körperwahrnehmung junger Menschen. Das britische Center for Countering Digital Hate berichtet, dass es weniger als drei Minuten dauert, bis ein neues TikTok-Konto auf problematische Inhalte stößt, die z.B. mit der Normalisierung von Essstörungen in Verbindung stehen. In Deutschland verbringt die Gen Z fast 2 Stunden auf TikTok – und das täglich.

Betrifft diese Problematik nur die Gen Z?
Bei der Gen Z ist es verstärkt. Die Millennials etwa, zu denen ich auch zähle, haben den Ruf sich viel mit Essen zu beschäftigen, aber viel mehr auf der positiven Genuss-Ebene. Eine Studie von Lena Roth an der Universität Gießen hat gezeigt, dass die Gefühle, die Jugendliche von heute haben, die zu viel auf Social Media unterwegs sind, von hoher Negativität geprägt sind. Sie denken, sie ernähren sich nicht richtig und dies geht mit dem Gefühl einher, nicht gut genug zu sein. Essen hat auch ganz viel mit einem Ausdruck der Identität zu tun.

Der Ausdruck von Identität zeigt sich vermutlich auch sehr bei vegan-vegetarischer Ernährung?
Das ist ein gutes Beispiel, wie sehr sich Menschen mit ihrer Ernährung identifizieren, wenn sie von etwas überzeugt sind. Wer vegan lebt, sagt nicht, ich ernähre mich vegan, sondern ich bin vegan. Da geht es darum, sich persönlich auszudrücken. Diese Prägung trifft natürlich das Angebot. Das betrifft dementsprechend auch die Gemeinschaftsgastronomie.

Was kann die Gemeinschaftsgastronomie tun, damit Kinder weiterhin gerne in Kitas und Schul-Mensen essen?
Etwa für Entspannung und für eine gute Beziehung zum Essen sorgen. Das ist nicht einfach, wenn eine Schule beispielsweise 1.500 Menschen versorgen muss. Aber wenn ich weiß, dass da ein gewisses Stresslevel ist, und dass der Genuss bespielt werden sollte, kann ich reagieren. Die Gen Z isst anders als die Generationen da vor. Sie stehen unter höherem Stress. Es muss eine bessere Kommunikation, eine klarere Kommunikation stattfinden. Auch Anfassen, Hören, Riechen, Schmecken gewinnen wieder mehr an Stellenwert – denn wenn die Kinder 3 bis 4 Stunden am Tag TikTok konsumieren, verlieren sie den Bezug zur Realität. Das sollte wiederbelebt werden – zum Beispiel durch Show Cooking und offene Küchen. Wenn ich den Leuten etwas Gesünderes, Nachhaltiges verkaufen will, dann sollte ich es ihnen auch zeigen und sie erleben lassen.

Also sollte die Gemeinschaftsverpflegung sensibilisierend auf junge Menschen wirken?
Auf jeden Fall sollte präsent sein, was da für Menschen zum Essen kommen – mit Essstörungen, oder zumindest anfänglichen Essstörungen oder etwa Menschen mit einem ambivalenten Verhältnis zum Essen.
In den USA diskutiert man mittlerweile über eine systematische Zerstörung der mentalen Gesundheit durch verantwortungslose Plattformen – nicht weil es Digitalisierung gibt, sind Kinder depressiv, aber weil Plattformen darauf optimiert sind, süchtig zu machen und so viel wie möglich genutzt zu werden.

Kinder sollten also möglichst Abstand von TikTok nehmen?
Des Rätsels Lösung ist natürlich auch nicht unbedingt, TikTok zu verbieten. Aber zu verstehen, dass da schon längst ein Algorithmus, eine KI die Inhalte ausspielt. Werbung ist dort kaum von Inhalten zu unterscheiden. Der Algorithmus spricht vor allem auf negativen, polarisierenden Content an und nicht immer auf das, was positiv und faktenbasiert ist. Außerdem ist der Algorithmus auf jeden Nutzenden persönlich zugeschnitten, um die Nutzungsdauer zusätzlich zu erhöhen.

Eine Regulierung wäre also empfehlenswert?
Ja, wir brauchen durchaus eine smarte Regulierung. Wir brauchen einen Einblick in die ganze Maschinerie rund um Social Media und deren Algorithmen, auch wenn mich das vielleicht als naiv straft. Wir müssen uns über die Auswirkungen klar sein, bevor in ein paar Jahren die Gemeinschaftsverpflegung überfordert ist, weil viele Kinder bestimmtes nicht mehr essen wollen oder mangelernährt sind. Die Kinder müssen einen gesunden Umgang mit Social Media lernen. Wir sollten uns zum analogen Raum hinwenden, mit den Kindern in den Schulgarten gehen. Mit den Kindern etwas anbauen und ernten. Gemeinsam kochen. Auch, wenn ich weiß, dass Räumlichkeiten und Personal in Schulen begrenzt sind.

Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?
Ich habe die Hoffnung, dass wir verstehen: Als Mensch unterscheiden wir uns von Technik, weil wir eben nicht nur aus Einsen und Nullen bestehen, oder Kalorien. Wir sollten unser Körperverständnis nicht zu technologisch werden lassen und verstehen, dass das Orientierungspunkte sind, die uns KI geben kann. Was KI erzeugt sind in der Regel Näherungswerte nicht die allerletzte Wahrheit. Deren neuronale Netzwerke haben (noch) kein wirkliches Weltverständnis. Wir sollten lernen, Technologie so einzusetzen, dass sie uns hilft, gesündere, leckere und vielfältigere Entscheidungen zu treffen.

Also nur die Vorteile der Digitalisierung für uns nutzen und die Nachteile auslassen?
Die Technologie als Werkzeug nehmen, um unsere Welt zu erweitern, sie bunter, vielfältiger, nachhaltiger und effizienter zu machen, das wäre super. Ich würde jungen Menschen gerne so früh wie möglich Genuss und Achtsamkeit auf den Weg geben. Das geht – sie müssen es nur lernen.

Ein neues Kapitel: Abschied von Berlin im Tagesspiegel Interview

Nach fast zwei Jahrzehnten in Berlin habe ich mich mit einem Interview im Tagesspiegel von der Stadt verabschiedet und bin nun auf dem Weg in den Süden. Künftig werde ich meine kulinarischen Aktivitäten aus der Nähe von München, genauer gesagt aus Andechs am Ammersee, fortsetzen.

Im Gespräch mit Bernd Matthies habe ich viele Themen angesprochen, die in Berlin aus meiner Sicht anders laufen sollten und die ich mir anders wünsche.

Das Interview findet ihr auch hier beim Tagesspiegel.

Tagesspiegel: Herr Haase, Sie haben als einstiger „Food-Aktivist“ viel für die Berliner Gastronomie getan, haben die Markthalle Neun vorangetrieben, Konzepte wie „Kumpel und Keule“ entwickelt, Start-ups begleitet und auf unzähligen Podien zum Thema gesessen. Nun verlassen Sie Berlin, ernüchtert, wie es scheint.

Haase: Der Blick ändert sich, wenn man Familie hat. Ich habe mich natürlich gefragt, was ich in Berlin habe, und was ich vermissen werde, und das war erstaunlich wenig. Es blieb eher eine Sorge, was eigentlich aus dieser Stadt wird. Immer, wenn ich viel unterwegs war und vergleichen konnte, habe ich mich gefragt: Hey, Berlin, was ist mit dir los?

Aber die Szene hat doch viel politische Unterstützung?

Ja? Letztes Jahr saß ich bei der Eröffnung der „Food Week“ mit Frau Giffey auf der Bühne. Sie hat gesagt, ich liebe Gastronomie, Essen ist so wichtig, es treibt die Innovation voran. Mich hat das aufgeregt, denn diese Frau hat weder als Bürgermeisterin noch jetzt als Wirtschaftssenatorin irgendwas dafür getan, dass es diese Innovation in der Stadt gibt. Und nun stirbt die ganze Start-up-Szene gerade ein bisschen.

Berlin hat zwei Restaurants unter den „50 Best“, hat die meisten Michelin-Sterne unter den deutschen Großstädten, bietet ein unerreichtes stilistisches Spektrum von klassisch französisch bis vegan afghanisch. Läuft doch, sollte man denken.

Nur, dass viele davon inzwischen krasse Probleme haben und der Innovationsgeist auch in München oder Niedersachsen zu finden ist. Und Berlin hat nichts dafür getan! Die Stadt hat Leute wie mich angezogen, die ihre Ideen verwirklichen konnten und Experimente gewagt haben, das konnte sie. Wir fanden bezahlbare Räume, mussten uns oft nicht um Mieten kümmern. Hier sind wahnsinnig kreative Leute am Werk, die viel auf sich nehmen, die versuchen, Netzwerke nach Brandenburg zu knüpfen. Das sind Sachen, die in unseren jungen Köpfen entstanden sind, die quasi Slowfood aufs andere Tableau gehoben haben, als viele noch mit ihrem Glas Rotwein zufrieden waren. Die Markthalle Neun war dann der Punkt, an dem es greifbar wurde.


“Wir wollten nachhaltig gutes Essen für alle, aber es ist so ein exklusives Insel-Ding draus geworden.”

Hendrik Haase über die Berliner Ernährungswende

Tagesspiegel: Sind Sie denn heute zufrieden mit dem Geschaffenen?

Diese Themen haben sich verselbstständigt. Ich muss selbstkritisch sagen, dass wir zwar immer noch über Handwerk, Nachhaltigkeit und Regionalität sprechen. Aber die Betriebe, die das machen, beliefern inzwischen eine neue Oberschicht mit Statussymbolen. Leute, die kein Auto, nur ein Lastenfahrrad haben, aber sich Brot für zehn Euro leisten, nicht mehr im KaDeWe, aber vom kleinen Händler. Neulich stand ich vor einer Kartoffelsuppe, 15,90 Euro für 500 Milliliter, das wird hier von einem Sternekoch angeboten. Oder eine neue Bäckerei in Neukölln, da kostet ein Plunderteilchen mit einem Klecks Pudding fünf Euro. Wir wollten eine Ernährungswende anstoßen, mit nachhaltig gutem Essen für alle, aber es ist so ein exklusives Insel-Ding draus geworden.

Ist Handwerk heute schon automatisch Luxus?

Das ist sicher in vielen Fällen so, aber ich wünsche mir eine breite Diskussion darüber. Nehmen wir doch diese Bewegung und versuchen, das breiter anzulegen, mit Wirtschaftsförderung, damit, dass man in Netzwerken denkt und über Geld redet. Aber in Berlin habe ich in meiner Zeit in der Markthalle eher erlebt, dass die SPD vor der Tür stand und gegen uns als angebliche Luxusfabrikanten demonstriert hat – da fehlt mir einfach der Gestaltungswille. Sonst kriegen wir in der Tat eine Entwicklung wie in San Francisco, wo es die handwerklichen Produkte nur noch für eine Oberschicht mit Tech-Gehältern gibt. In gewisser Weise haben wir von dort schon die ganze Bäckerszene bekommen – mit Croissants für fünf Dollar, die einzeln in der Vitrine ausgestellt werden.

Haben andere deutsche Städte aus dem Berliner Beispiel gelernt?

Nehmen wir Hamburg. Die haben in den letzten Jahren immer neidisch nach Berlin geguckt, sagten, sowas wollen wir hier auch haben. Nun haben sie eine eigene Markthalle. Aber die ist vernetzt in einem Food-Cluster. Da arbeiten KI-Experten, Food-Labs, Start-ups, die großen Messen und die kleine Markthalle zusammen. Die werden praktisch ins Rathaus reingetragen, die Wirtschaftssenatorin kümmert sich drum, da entstehen Strukturen, da ist Politik am Werk: Man versucht, in den Raum um die Stadt hinein zu strahlen. Da geht es irgendwann auch um Kohle, sehr wichtig.

Da klingt schon an, dass es längst nicht mehr nur um Bio-Möhren und glückliche Schweine geht, sondern um Digitalisierung. 

Bei mir hat das Thema gezündet, als ich in meiner Zeit mit „Kumpel und Keule“ im Silicon Valley mein vorletztes Buch über die neue Fleischkultur vorgestellt habe. Da saßen Leute, so alt wie ich, die arbeiten bei Meta, Alphabet und sonstwo, und alle sagten, hey, erzähl uns was vom Essen, wir sind die totalen Food-Fans. Die Google-Kantine sah aus wie die Markthalle Neun verzehnfacht, das Klischee vom Nerd, der am Monitor aus der Pappschachtel isst, stimmte überhaupt nicht. Umgekehrt: Alles, was ich nutze, um meine Themen zu kommunizieren, wird von Firmen aus diesem Umfeld gemacht. Nach dieser Reise wusste ich: Meine Arbeit der nächsten Jahre muss sich um die Digitalisierung der Food-Welt drehen.

Essen ist und bleibt analog.

Mag sein, ja. Aber ich glaube, dass alle Zukunftsfragen und Innovationen auch im Lebensmittelbereich mit Technologie zu tun haben, sei es in der Produktentwicklung, sei es in der Vermarktung, sei es über die neuen Wege: Wie kommen Leute eigentlich in meinen Laden? Wenn Sie bei Google Maps fragen, wo Sie denn in Berlin ein gesundes Mittagessen bekommen, dann kriegen Sie einen guten Vorschlag von der KI, ohne dass da ein Mensch draufgeguckt hätte, einfach auf Basis von Millionen Nutzerdaten. Um über eine Zukunft zu reden, die für alle funktioniert, kann es nicht sein, dass alle mit der Hand Brot backen und unbezahlte Praktikanten beschäftigen. Sondern wir müssen klären: Was macht der Mensch, was die Maschine? Und zwar so, dass da nicht nur billigstes Brot voller Zusätze rauskommt.

“Die Grüne Woche steht da wie ein Monolith und wird seit Jahren kaum angetastet.” 

Hendrik Haase über verpasste Chancen in der Berliner Ernährungspolitik

Tagesspiegel: Darüber wird doch auch in Berlin intensiv nachgedacht.

Haase: Ich habe in den letzten Jahren viele Food-Startups begleitet, war Jurymitglied bei verschiedenen Innovationspreisen. Und ich habe mir früh all die Innovationsorte angeguckt wie Kitchen Town oder den Food-Tech-Campus von Edeka, der vor einem Jahr dichtgemacht wurde.

Ist hier nicht groß aufgefallen.

Dazu eine Anekdote: Ich habe mal eine Delegation der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, die ja die großen Messen wie die Anuga Food Tec und die Agritechnica ausrichtet, nach Moabit geführt, zur Baustelle vom Moa-Bogen, wo Edeka damals seinen Food-Tech-Campus eröffnet hatte. Das war für die total neu. Später habe ich das beim „Food Innovation Camp“ in der Hamburger Börse Peter Tschentscher erzählt, dem Bürgermeister. Food Campus von Edeka sagte der, das ist natürlich in Hamburg? Nein, sagte ich, in Berlin. Das war damals so, genau solche Sachen sind in Berlin passiert. Heute gibt es das nicht mehr, es ist nur noch eine Abteilung in der Zentrale – in Hamburg. Die machen das ganz anders. Auch in München: Neulich habe ich ein Panel in der Lidl-Zentrale in Bad Wimpfen eröffnet, da waren sechs Start-ups auf der Bühne, eins aus Berlin, zwei aus Aachen, drei aus München. Die bayerische Landeshauptstadt war sogar aktiver Kooperationspartner des Accelerator-Programms.

„Die Zugänge zu unserem Essen werden immer mehr von Technologie und von Tech-Konzernen bestimmt“


Tagesspiegel: Politik und Wirtschaft tun zu wenig – aber dafür haben wir in Berlin doch zumindest die Grüne Woche als zentralen Treffpunkt der Branche.

Haase: Und was machen wir hier in Berlin daraus? Die steht da wie ein Monolith und wird seit Jahren kaum angetastet. Da treffen sich die Agrarminister aus über 70 Ländern und sehen dann diese traurige Berlin-Halle. Nichts gegen Curry 36 und Florida-Eis – aber wenn das die einzigen sind, die da die Berliner Food-Wirtschaft repräsentieren … Stattdessen gibt es dann solche Marketingkampagnen wie „Berlins Industrie pulsiert“, ein bedrohliches rotes Metallherz schwebt in Blade-Runner-Optik über der Stadt – das soll die offizielle Vision von Berlin sein?

Hat man in Deutschland das Zusammenspiel von Essen und Technik noch nicht verstanden?  

Ganz Europa ist in der Gefahr, abgehängt zu werden. Ich werde oft nach der Zukunft des Essens gefragt, kommt es aus dem 3-D-Drucker, solche Sachen. Aber mehr interessiert mich, welchen Einfluss selbstlernende Algorithmen wie ChatGPT auf unser Ernährungsverhalten ausüben werden. Wenn sie bei Siri zustimmen, dann arbeitet Apple in Zukunft mit ChatGPT zusammen. Das wurde kürzlich in einer großen Keynote illustriert, mit einem Kochrezept! „Siri, ich habe hier Lachs, Tomaten und eine Zitrone, mach mir doch bitte mal ein Rezept“.  Die Zugänge zu unserem Essen werden immer mehr von Technologie und von Tech-Konzernen bestimmt, und wir müssen verdammt aufpassen, dass das auf Wegen passiert, die wir wollen. Dann können Nachhaltigkeit, Gesundheit, Regionalität eine große Rolle spielen.

Wohin zieht es Sie, wenn Sie Berlin jetzt verlassen? 

Nach Andechs, ein Dorf in Oberbayern. Ein bisschen näher zur Natur und zur Landwirtschaft.

Transformative Ideen für nachhaltige Lebensmittelsysteme: Die AWS-Initiative in Österreich

Tür zu Jurysitzung der „Sustainable Food Systems Initiative“ in Wien

Unsere gegenwärtigen Lebensmittelsysteme stehen vor enormen Herausforderungen. Die Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaft sind allgegenwärtig und fordern ein radikales Umdenken. Es ist daher unerlässlich, dass wir die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, verteilen und konsumieren, überdenken. Dafür braucht es neue, frische Ideen, Experimente und Initiativen.

Genau hier setzt die „Sustainable Food Systems Initiative“ des Austria Wirtschaftsservice (AWS) an. Die AWS ist eine Förderungseinrichtung des Österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Innovation und Technologie und will mit dem Programm Innovator:innen fördern, die unser Lebensmittelsystemen ökonomisch, ökologisch und sozial gerechter gestalten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Sustainable Development Goals (SDGs), die als Leitfaden dienen. Als Jury-Mitglied darf ich die Initiative seit 2023 unterstützen.

Jury und Initiatoren der Initiative: Kerstin Derntl, Sabine Pümpel, Klaus Kastenhofer, Marianne Penker, , Gisela Hühn, Hendrik Haase, Christian Rammel, Hanni Rützler, Richard Petrasek

Gemeinsam stark: Vernetzung und Austausch

Neben der finanziellen Förderung legt die Initiative großen Wert auf die Vernetzung und den Austausch von Wissen und Erfahrungen. In zwei Bewerbungsrunden ist eine beeindruckende Community von mehr als 400 Akteur:innen aus Wissenschaft, Verwaltung, KMU, Start-ups und der Zivilgesellschaft entstanden. Diese Community ist ein wesentlicher Baustein für den Erfolg der Initiative. Durch regelmäßige Vernetzungstreffen und den Austausch in Erkundungsräumen schaffen die Initiatorinnen Sabine Pümpel und Kerstin Derntl eine Basis für neue Kooperationen und innovative Lösungsansätze.

Technologische Innovation als Schlüssel

Technologie spielt eine zentrale Rolle bei der Neugestaltung unserer Lebensmittelsysteme. Die Initiative unterstützt daher auch Projekte, die innovative technische Lösungen entwickeln, um unsere Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu gestalten. Bei der ersten Fröderungserunde durfte ich so u.a. CIRCLY, eine KI-gestützte Plattform, die die Zusammenarbeit entlang der gesamten Lebensmittellieferkette verbessert, kennenlernen. Durch die Optimierung von Bestands- und Bedarfsprognosen trägt CIRCLY dazu bei, Verschwendung zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.

20 spannende Projekte gab es an zwei vollen Tagen von 8.00-18.00 Uhr anzuhören, zu diskutieren und anschließend zu bewerten. Eine spannende Reise durch viele Ideen- und Lebensmittelwelten.

Ein Blick in die Zukunft

Die Reise des Förderprogramms hat gerade erst begonnen. In den kommenden Monaten wird der Ausbau der Angebote für die geförderten Projekte weiter vorangetrieben. Geplant ist, noch mehr Vernetzungs- und Erkundungsräume zu schaffen, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur:innen zu fördern. Dies ist entscheidend, um die Erkenntnisse aus einem breiten Spektrum heterogener Branchen und Gemeinschaften zusammenzuführen und in den Mainstream zu bringen.

Mein Engagement und Vision

Als Mitglied der aws Expert*innen Jury bin ich überzeugt davon, dass die „aws Sustainable Food Systems Initiative“ einen entscheidenden Beitrag zur Transformation unserer Lebensmittelsysteme leisten kann. „Dieses Engagement für ökologische, ökonomische und soziale Innovationen fördert inspirierende Blaupausen für die Zukunft unserer Lebensmittelsysteme“, habe ich kürzlich in einer Presseaussendung betont.

Diese Initiative und die vielen durch sie sichtbar werdenden Wege in Zukunft zeigen, dass Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.

ZDFinfo Doku - Streit ums Essen: Tier oder Tofu? 

Die Fleischbranche befindet sich im Mittelpunkt eines Kulturkampfes. 😡😍 Wie kann sie in den Märkten der Zukunft bestehen? 🤔

Mit dem ZDF Format „What the fact“ habe ich über die spannende Zukunft des Fleisches gesprochen und den hitzigen Diskurs rund um Steak und Würstchen.

Herausgekommen ist eine bunte Dokumentation, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und mit vielen Fakten gespickt ist.

📺 Die Doku gibt’s ab sofort in der Mediathek zusehen und linear am 24.6.2024 um 20:15 auf ZDF Info. ➡️ Unbedingt reinschauen und mitdiskutieren!