Tech, Werte, Genuss – Wer gestaltet die Zukunft des Essens? – Erkenntnisse vom Symposium Essen + Trinken

Vergangene Woche stand ich als Referent auf der Bühne der Kick-off Veranstaltung des Symposiums Essen und Trinken in München. Es war eine Veranstaltung, die nicht nur spannende Perspektiven auf die Zukunft der Lebensmittelbranche bot, sondern auch zentrale Herausforderungen für die Branche deutlich machte. Welche Themen haben mich besonders bewegt? Hier sind meine wichtigsten Learnings:

Tech-Transformation ist keine Option, sondern eine Überlebensfrage

Die Digitalisierung ist keine Zusatzfunktion mehr, die man nebenbei mitlaufen lässt. Sie ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Lebensmittelbranche zukunftsfähig bleibt. Das wurde besonders in der Eröffnungs-Keynote von Prof. Dr. Stefan Kooths (IfW Kiel) deutlich. Seine wirtschaftliche Analyse zeigte: Die Lebensmittelbranche hält sich im Vergleich zu anderen Industriezweigen zwar stabil, aber ihr fehlt der Schwung. Ohne gezielte Innovation und deutlich gesteigerte Produktivität wird die Branche im internationalen Wettbewerb zurückfallen.

Ein weiteres zentrales Thema war der Umgang mit Daten als ungenutzte Ressource. Ich habe in meinem Impulsvortrag betont: Daten werden zu einer wichtigen Zutat, die nutzbar gemacht werden will. Technologie ist das entscheidende Werkzeug, das Unternehmen und Produzenten dabei unterstützt, sich an die tiefgreifenden Veränderungen und neuen Anforderungen der Branche anzupassen. Doch dafür braucht es nicht nur digitale Infrastruktur, sondern auch die richtige Denkweise – Ein neues Kulturverständnis und Bildung die mit der digitalen Transformation Schritt hält.

Werte sind der neue Wettbewerbsvorteil

Theresa Schleicher brachte in ihrem Vortrag eine starke Botschaft mit: Die Zukunft gehört nicht nur dem Preis, sondern der Begehrlichkeit. Konsument:innen erwarten mehr als Rabatte und Sonderangebote. Sie suchen Produkte, die überzeugende Geschichten erzählen, Nachhaltigkeit verkörpern und qualitativ hochwertig sind. Dabei zeigte sich, dass Deutschland international weiterhin für Sicherheit und Qualität steht – eine Marke, die gestärkt und weiterentwickelt werden muss.

Das bedeutet: Unternehmen brauchen ein stabiles Wertesystem, das sie nicht durch kurzfristige Markttrends oder politische Populismen ins Wanken bringen lassen. Der Trend geht weg von "billig & Masse" hin zu sogenannten "Sinnmärkten", in denen Produkte für ihre gesellschaftliche, gesundheitliche und ökologische Relevanz wertgeschätzt werden.

Essen muss die Gesellschaft widerspiegeln

Ein weiteres starkes Learning: Unsere Gesellschaft verändert sich und mit ihr auch die Anforderungen an unsere Ernährung. Wir werden als Gesellschaft nicht nur älter und gesundheitsbewusster, sondern auch vielfältiger und diverser. Die Lebensmittelbranche kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Vielfalt ist nicht nur ein soziales oder kulturelles Thema, sondern auch ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wer nur auf Einheitslösungen und Massenmärkte setzt, wird die Konsument:innen von morgen nicht mehr erreichen.

Hier liegt eine große Chance: Unternehmen, die sich bewusst mit vielfältigen Ernährungsformen und Geschmacksprofilen auseinandersetzen, werden langfristig erfolgreicher sein. Die Marktentwicklung zeigt klar: Standardisierte Angebote verlieren an Relevanz. Personalisierung, Individualität und authentische Produktgeschichten gewinnen.

Innovation ohne Technologie? Illusion.

Ein Punkt, der mich besonders nachdenklich gemacht hat, ist die Innovationsfähigkeit der deutschen Lebensmittelbranche. Trotz hoher Kompetenz und wertvoller Markenzugpferde fehlen oft der Mut und die Strategien, um neue Technologien proaktiv zu nutzen. Dabei ist klar: Ohne Technologie wird es keine echte Innovationskultur geben.

Die Vorstellung der Studie "Bridging Barriers to Innovation" von Prof. Dr. Carsten Leo Demming (DHBW Heilbronn) und Jochen Matzer (Food Harbour Hamburg) zeigte, dass regulatorische Hürden und Ressourcenknappheit Innovationen oft ausbremsen. Gleichzeitig betonten sie, dass der Einbezug der Konsument:innen essenziell ist – und dass Innovationsverzicht ein erhebliches Risiko darstellt.

Smarte Stores, digitale Lieferketten, automatisierte Restaurants und KI-gestützte Ernährungsberatung sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern in anderen Märkten längst Realität. Doch deutsche Unternehmen haben oft Schwierigkeiten, diese Technologien produktiv zu nutzen. Wer nicht investiert, verliert langfristig an Wettbewerbsfähigkeit.

Mein Fazit: Die Zukunft der Lebensmittelbranche entscheidt sich jetzt.

Die Ernährungswirtschaft steht an einem entscheidenden Punkt. Die digitale Transformation, die Innovationskraft, gesellschaftliche Entwicklungen und nicht zuletzt interne wie externe politische Krisen machen ein Umdenken unumgänglich. Tech ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Werte, Vielfalt und Vertrauen in eine nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft zu übersetzen.

Das Symposium hat deutlich gemacht: Es braucht Mut, eine klare Strategie und eine Innovationskultur, die nicht nur auf Effizienz setzt, sondern auch auf Sinnhaftigkeit und Verantwortung.

Stillstand und Abgesang sind keine Optionen – Jetzt braucht es entschlossenes Handeln, um die Zukunft der Lebensmittelbranche nachhaltig, innovativ, genussvoll und zukunftssicher zu gestalten!

Fotos: Uli Schneider Fotografie von Engels