Digitalisierung trifft auf Direktvermarktung 🍅📲 Interview mit dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt

Wiebke Weigel hat mich für das bayrische landwirtschaftliche Wochenblatt zur Digitalisierung von Hofladen und Wochenmarkt interviewt. Wo liegen die Chancen der Digitalisierung und Herrausforderungen für Landwirte und Landwirtinnen?

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Herr Haase, sie beschäftigen sich mit der Zukunft der Direktvermarktung und wünschen sich mehr digitalisierte Direktvertriebswege. Was heißt das genau?

Der digitale Wandel ist für viele zunächst ein großes Wort. Konkret müssen wir Prozesse einfacher, flexibler und für Kunden attraktiver machen. Für Direktvermarkter bedeutet das: Was kann ich ändern, damit die Leute mich finden? Bin ich in Suchmaschinen sichtbar? Sind meine Öffnungszeiten aktuell? Habe ich ein Profil, in dem jeder sieht, was es bei mir gibt? Und: Wo hole ich meine Kunden ab?

Welche Tipps haben Sie für Direktvermarkter, die schon einen Schritt weiter sind?

Ein Hofladen etwa könnte mit einem einfachen digitalen System Vorbestellungen ermöglichen und den Leuten über neue direkte Kommunikationskanäle wie WhatsApp sagen: ‚Dein Fleischpaket liegt am Samstag bereit.‘ Kunden wissen dann genau, was sie erwartet, und der Landwirt hat weniger Stress mit überschüssigen oder fehlenden Waren. Wer vorbestellt, hat die Ware sicher. Aber auch wer spontan kommt, hat noch die Chance auf das ein oder andere Extra.

Haben Sie noch einen Tipp?

Na, vielleicht vernetzte Verkaufsautomaten oder unbemannte Mini-Läden, die schon mehr können: Stellen Sie sich vor, der Kunde reserviert online drei Bratwürste, zahlt direkt in der App und holt sie abends, wann es ihm passt. Öffnungszeiten werden flexibler und der Aufwand im Alltag reduziert sich. So bleibt dem Landwirt mehr Zeit, sich den wirklich wichtigen Dingen zu widmen: Der Pflege seiner Produkte. Es sind oft recht kleine Schritte, die große Wirkung zeigen!

Welche Chancen bietet Digitalisierung traditionellen Hofläden und Direktvermarktern?

Digitalisierung kann eine riesige Chance sein, um die eigene Reichweite zu erhöhen. Sie kann entlastend wirken und es dem Kunden einfacher machen. Nicht zu vergessen: Kommunikation wird digital leichter: Ein gepflegtes Google-Profil oder auch eine einfache, gut geführte Website mit Infos zu Produkten und Öffnungszeiten hebt die Direktvermarktung auf die nächsthöhere Stufe. Das Schöne daran ist, dass man durch Digitalisierung neue Wege gehen kann, ohne Traditionelles zu verlieren. Wichtig ist, dass man das Digitale nicht als Ersatz, sondern Ergänzung sieht.

Mit welchen Herausforderungen sollten Direktvermarkter rechnen, wenn sie digitale Technologien integrieren wollen?

Die größten Herausforderungen liegen weniger in den technischen Möglichkeiten als in der Frage: Wo fange ich an, und wie kann ich das in meinen Betrieb integrieren, ohne mich zu überfordern? Viele Landwirte denken vielleicht: „Das klingt ja schön und gut, aber ich habe weder Zeit noch Mittel, mich jetzt in digitale Prozesse einzuarbeiten.“ Genau da muss man ansetzen: Mit kleinen Schritten beginnen und nicht gleich den ganzen Betrieb auf den Kopf stellen. Das können erstmal digitale Zahlmöglichkeiten oder die Aktualisierung von Bildern auf der Homepage oder in digitalen Profilen sein. Es geht darum, sich die Prozesse rauszupicken, die einem das Leben erleichtern.

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Gibt es etwas, wo Direktvermarkter unbedingt dabei sein sollten?

Die richtigen Kanäle zu wählen ist nicht immer einfach. Nicht jede App oder Plattform passt zu jedem Betrieb. Man muss sich fragen: Wo sind meine Kunden? Wie erreiche ich sie? Das könnte für manche ein Messenger sein, für andere eine App oder ein einfacher Newsletter. Plattformen wie Lokbest oder die Dorfladenbox.com bieten einen guten, ersten Einblick in die Fülle der Möglichkeiten.

Und dann stürmen die Kunden den Hofladen?

Natürlich ist Digitalisierung kein Selbstläufer. Es reicht halt nicht, einen Automaten hinzustellen und eine App zu nutzen. Ich muss die Pflege einplanen: Das Beantworten von Kundenfragen, das Aktualisieren von Angeboten und meines Profils. Aber die Zeit ist gut investiert und schafft mir an anderer Stelle Freiräume. Die größte Herausforderung dürfte sein, die Balance zu finden: Wie viel Digitalisierung macht Sinn für den Betrieb? Wo kann sie entlasten, ohne den Alltag komplizierter zu machen? Die Antwort darauf ist für jeden Betrieb individuell, aber die Möglichkeiten sind definitiv da.

Bleibt da nicht der persönliche Kontakt auf der Strecke?

Digitalisierung gilt oft als unpersönlich. Das stimmt nicht: Sie hilft, die Verbindung zum Kunden zu stärken. Es geht ja darum, intelligente, digitale Lösungen zu nutzen, um mehr Zeit für den persönlichen Austausch zu schaffen. Zeit, den Kunden zu beraten, ihm von der Kuh zu erzählen, die Zwillinge bekommen hat, oder ihm Rezepttipps zu geben. Das schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine engere Bindung. Digitalisierung soll entlasten, statt zu entfremden.

Wo sehen Sie die Zukunft der Direktvermarktung?

Ich wünsche mir eine Verbindung zwischen Landwirt und Verbraucher – persönlich und digital. Direktvermarktung muss sich weiterentwickeln. Der Hofladen soll zum „Showroom“ werden. Analoge Erlebnisse mit digitaler Flexibilität verbinden: Als Fenster zur Hofwelt ist er der Ort, an dem Produkte erlebt und Geschichten gehört werden. Aber auch der Ort, der mit dem Smartphone, unserer Fernbedienung zur Welt, digital erreichbar ist.

Wie können Verbraucher dazu beitragen?

Sie sollten bewusster einkaufen. Und sich fragen: Wo kommt mein Essen her? Um dann häufiger zum Hofladen oder in den Markt zu gehen und das digitale Angebot dort nutzen, wo es besser in ihren Alltag passt.