„Die Gen Z isst anders“ - Interview mit dem Magazin GV-Praxis

Das Interview findet sich auch in der Print-Ausgabe der gvpraxis 10/2024 - Hier als e-paper.

Publizist Hendrik Haase beobachtet seit Jahren, wie Tiktok & Co. das Verhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflussen – und das nicht nur im Positiven. Das kann auch Folgen für die Schulkantinen haben. Im Interview appelliert er an die Politik und die Gemeinschaftsverpflegung. Was kann getan werden, damit junge Menschen besser geschützt sind und wieder lernen, zu genießen?

GV-Praxis: Bei einer Fachtagung der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung hast du gefordert, dass die junge Generation in der digitalen Welt des Essens nicht allein gelassen werden darf. Was genau ist die Gefahr?
Haase: Neben dem Elternhaus und dem Alltagsleben hat Social Media einen extrem großen Einfluss auf unsere esskulturelle und auch politische Prägung. Mittlerweile weiß man, dass vor allem spaltende, populistische und emotional aufwirbelnde Statements vom Algorithmus gepusht werden – weil dies Klicks und Kommentare verspricht. Die Plattformen sind nicht da, um alle möglichst gut miteinander zu vernetzen, wie es deren Marketing so gerne behauptet, sondern um die Menschen möglichst lange darauf zu halten. Die Menschen bleiben vor allem lange dort, wenn sie sich streiten und berieseln lassen können.

Was bedeutet das in Bezug auf Ernährungs-Themen?
Wir erleben eine Polarisierung. Auf der einen Seite haben wir Gesundheitsgurus, auf der anderen Seite Essstörungs-Fanatiker. Aussagen wie „Milch ist krebserregend“, „Fleisch ist Teufelszeug“ oder „Ich esse ausschließlich Fleisch, glaube nicht den Veganern“, sind Statements, die der Algorithmus pusht und die somit gut funktionieren. Die Gefahr besteht vor allem für junge Menschen. Häufig schauen Sie sich die Inhalte zu lange an bekommen in der Folge immer mehr davon zu sehen und gleiten dadurch in Blasen ab, die ihnen nur Extreme zeigen und eben nicht, wie nachhaltiges Kochen und gesundes Essen geht. Aussagen wie: „Darauf solltest du verzichten“ oder „Das solltest du auf keinen Fall essen“ verunsichern.

Es werden also mit Vorliebe populistische, extreme und negative Inhalte gepusht?
Ja, und wir müssen uns überlegen, was das in den nächsten Jahren mit der Gastronomie-Branche macht und für die Lebensmittel-Welt bedeutet, wenn wir es vor allem mit Food-Fake-News und verdrehten Zahlen zu tun haben. Studien werden nicht mehr sorgfältig abgewogen, stattdessen geht es dann um abstruse Diäten, extreme Ernährungsweisen, nicht nachgewiesene Behauptungen, krasse Bilder. Wir brauchen in Sachen Ernährung wieder eine Versachlichung. Bei polarisierenden Themen fehlt die Einordnung – wer älter ist, kann vielleicht noch die Meta-Ebene einnehmen, aber kleine Kinder und Jugendliche können das nicht.

Um welche Plattformen geht es da konkret – Instagram und TikTok?
Instagram ist bei den sehr jungen Menschen schon kein Thema mehr. Während Cem Özdemir Großflächenplakate für Lebensmittel vor Schulen verbieten will, bleibt einer der gewaltigsten Einflussfaktoren auf die Esskultur nachwachsender Generationen aber unbeachtet: TikTok. Aktuelle Studien legen nahe, dass TikTok enormes Potenzial hat, ungesunde Essgewohnheiten und sogar Essstörungen zu fördern. Von der Glorifizierung des Gewichtsverlusts bis hin zur Verbreitung von Fehlinformationen über Ernährung – diese Inhalte haben bereits jetzt ernsthafte Auswirkungen auf das Essverhalten und die Körperwahrnehmung junger Menschen. Das britische Center for Countering Digital Hate berichtet, dass es weniger als drei Minuten dauert, bis ein neues TikTok-Konto auf problematische Inhalte stößt, die z.B. mit der Normalisierung von Essstörungen in Verbindung stehen. In Deutschland verbringt die Gen Z fast 2 Stunden auf TikTok – und das täglich.

Betrifft diese Problematik nur die Gen Z?
Bei der Gen Z ist es verstärkt. Die Millennials etwa, zu denen ich auch zähle, haben den Ruf sich viel mit Essen zu beschäftigen, aber viel mehr auf der positiven Genuss-Ebene. Eine Studie von Lena Roth an der Universität Gießen hat gezeigt, dass die Gefühle, die Jugendliche von heute haben, die zu viel auf Social Media unterwegs sind, von hoher Negativität geprägt sind. Sie denken, sie ernähren sich nicht richtig und dies geht mit dem Gefühl einher, nicht gut genug zu sein. Essen hat auch ganz viel mit einem Ausdruck der Identität zu tun.

Der Ausdruck von Identität zeigt sich vermutlich auch sehr bei vegan-vegetarischer Ernährung?
Das ist ein gutes Beispiel, wie sehr sich Menschen mit ihrer Ernährung identifizieren, wenn sie von etwas überzeugt sind. Wer vegan lebt, sagt nicht, ich ernähre mich vegan, sondern ich bin vegan. Da geht es darum, sich persönlich auszudrücken. Diese Prägung trifft natürlich das Angebot. Das betrifft dementsprechend auch die Gemeinschaftsgastronomie.

Was kann die Gemeinschaftsgastronomie tun, damit Kinder weiterhin gerne in Kitas und Schul-Mensen essen?
Etwa für Entspannung und für eine gute Beziehung zum Essen sorgen. Das ist nicht einfach, wenn eine Schule beispielsweise 1.500 Menschen versorgen muss. Aber wenn ich weiß, dass da ein gewisses Stresslevel ist, und dass der Genuss bespielt werden sollte, kann ich reagieren. Die Gen Z isst anders als die Generationen da vor. Sie stehen unter höherem Stress. Es muss eine bessere Kommunikation, eine klarere Kommunikation stattfinden. Auch Anfassen, Hören, Riechen, Schmecken gewinnen wieder mehr an Stellenwert – denn wenn die Kinder 3 bis 4 Stunden am Tag TikTok konsumieren, verlieren sie den Bezug zur Realität. Das sollte wiederbelebt werden – zum Beispiel durch Show Cooking und offene Küchen. Wenn ich den Leuten etwas Gesünderes, Nachhaltiges verkaufen will, dann sollte ich es ihnen auch zeigen und sie erleben lassen.

Also sollte die Gemeinschaftsverpflegung sensibilisierend auf junge Menschen wirken?
Auf jeden Fall sollte präsent sein, was da für Menschen zum Essen kommen – mit Essstörungen, oder zumindest anfänglichen Essstörungen oder etwa Menschen mit einem ambivalenten Verhältnis zum Essen.
In den USA diskutiert man mittlerweile über eine systematische Zerstörung der mentalen Gesundheit durch verantwortungslose Plattformen – nicht weil es Digitalisierung gibt, sind Kinder depressiv, aber weil Plattformen darauf optimiert sind, süchtig zu machen und so viel wie möglich genutzt zu werden.

Kinder sollten also möglichst Abstand von TikTok nehmen?
Des Rätsels Lösung ist natürlich auch nicht unbedingt, TikTok zu verbieten. Aber zu verstehen, dass da schon längst ein Algorithmus, eine KI die Inhalte ausspielt. Werbung ist dort kaum von Inhalten zu unterscheiden. Der Algorithmus spricht vor allem auf negativen, polarisierenden Content an und nicht immer auf das, was positiv und faktenbasiert ist. Außerdem ist der Algorithmus auf jeden Nutzenden persönlich zugeschnitten, um die Nutzungsdauer zusätzlich zu erhöhen.

Eine Regulierung wäre also empfehlenswert?
Ja, wir brauchen durchaus eine smarte Regulierung. Wir brauchen einen Einblick in die ganze Maschinerie rund um Social Media und deren Algorithmen, auch wenn mich das vielleicht als naiv straft. Wir müssen uns über die Auswirkungen klar sein, bevor in ein paar Jahren die Gemeinschaftsverpflegung überfordert ist, weil viele Kinder bestimmtes nicht mehr essen wollen oder mangelernährt sind. Die Kinder müssen einen gesunden Umgang mit Social Media lernen. Wir sollten uns zum analogen Raum hinwenden, mit den Kindern in den Schulgarten gehen. Mit den Kindern etwas anbauen und ernten. Gemeinsam kochen. Auch, wenn ich weiß, dass Räumlichkeiten und Personal in Schulen begrenzt sind.

Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?
Ich habe die Hoffnung, dass wir verstehen: Als Mensch unterscheiden wir uns von Technik, weil wir eben nicht nur aus Einsen und Nullen bestehen, oder Kalorien. Wir sollten unser Körperverständnis nicht zu technologisch werden lassen und verstehen, dass das Orientierungspunkte sind, die uns KI geben kann. Was KI erzeugt sind in der Regel Näherungswerte nicht die allerletzte Wahrheit. Deren neuronale Netzwerke haben (noch) kein wirkliches Weltverständnis. Wir sollten lernen, Technologie so einzusetzen, dass sie uns hilft, gesündere, leckere und vielfältigere Entscheidungen zu treffen.

Also nur die Vorteile der Digitalisierung für uns nutzen und die Nachteile auslassen?
Die Technologie als Werkzeug nehmen, um unsere Welt zu erweitern, sie bunter, vielfältiger, nachhaltiger und effizienter zu machen, das wäre super. Ich würde jungen Menschen gerne so früh wie möglich Genuss und Achtsamkeit auf den Weg geben. Das geht – sie müssen es nur lernen.

Interview bei gv-praxis lesen

Ein neues Kapitel: Abschied von Berlin im Tagesspiegel Interview

Nach fast zwei Jahrzehnten in Berlin habe ich mich mit einem Interview im Tagesspiegel von der Stadt verabschiedet und bin nun auf dem Weg in den Süden. Künftig werde ich meine kulinarischen Aktivitäten aus der Nähe von München, genauer gesagt aus Andechs am Ammersee, fortsetzen.

Im Gespräch mit Bernd Matthies habe ich viele Themen angesprochen, die in Berlin aus meiner Sicht anders laufen sollten und die ich mir anders wünsche.

Das Interview findet ihr auch hier beim Tagesspiegel.

Tagesspiegel: Herr Haase, Sie haben als einstiger „Food-Aktivist“ viel für die Berliner Gastronomie getan, haben die Markthalle Neun vorangetrieben, Konzepte wie „Kumpel und Keule“ entwickelt, Start-ups begleitet und auf unzähligen Podien zum Thema gesessen. Nun verlassen Sie Berlin, ernüchtert, wie es scheint.

Haase: Der Blick ändert sich, wenn man Familie hat. Ich habe mich natürlich gefragt, was ich in Berlin habe, und was ich vermissen werde, und das war erstaunlich wenig. Es blieb eher eine Sorge, was eigentlich aus dieser Stadt wird. Immer, wenn ich viel unterwegs war und vergleichen konnte, habe ich mich gefragt: Hey, Berlin, was ist mit dir los?

Aber die Szene hat doch viel politische Unterstützung?

Ja? Letztes Jahr saß ich bei der Eröffnung der „Food Week“ mit Frau Giffey auf der Bühne. Sie hat gesagt, ich liebe Gastronomie, Essen ist so wichtig, es treibt die Innovation voran. Mich hat das aufgeregt, denn diese Frau hat weder als Bürgermeisterin noch jetzt als Wirtschaftssenatorin irgendwas dafür getan, dass es diese Innovation in der Stadt gibt. Und nun stirbt die ganze Start-up-Szene gerade ein bisschen.

Berlin hat zwei Restaurants unter den „50 Best“, hat die meisten Michelin-Sterne unter den deutschen Großstädten, bietet ein unerreichtes stilistisches Spektrum von klassisch französisch bis vegan afghanisch. Läuft doch, sollte man denken.

Nur, dass viele davon inzwischen krasse Probleme haben und der Innovationsgeist auch in München oder Niedersachsen zu finden ist. Und Berlin hat nichts dafür getan! Die Stadt hat Leute wie mich angezogen, die ihre Ideen verwirklichen konnten und Experimente gewagt haben, das konnte sie. Wir fanden bezahlbare Räume, mussten uns oft nicht um Mieten kümmern. Hier sind wahnsinnig kreative Leute am Werk, die viel auf sich nehmen, die versuchen, Netzwerke nach Brandenburg zu knüpfen. Das sind Sachen, die in unseren jungen Köpfen entstanden sind, die quasi Slowfood aufs andere Tableau gehoben haben, als viele noch mit ihrem Glas Rotwein zufrieden waren. Die Markthalle Neun war dann der Punkt, an dem es greifbar wurde.


“Wir wollten nachhaltig gutes Essen für alle, aber es ist so ein exklusives Insel-Ding draus geworden.”

Hendrik Haase über die Berliner Ernährungswende

Tagesspiegel: Sind Sie denn heute zufrieden mit dem Geschaffenen?

Diese Themen haben sich verselbstständigt. Ich muss selbstkritisch sagen, dass wir zwar immer noch über Handwerk, Nachhaltigkeit und Regionalität sprechen. Aber die Betriebe, die das machen, beliefern inzwischen eine neue Oberschicht mit Statussymbolen. Leute, die kein Auto, nur ein Lastenfahrrad haben, aber sich Brot für zehn Euro leisten, nicht mehr im KaDeWe, aber vom kleinen Händler. Neulich stand ich vor einer Kartoffelsuppe, 15,90 Euro für 500 Milliliter, das wird hier von einem Sternekoch angeboten. Oder eine neue Bäckerei in Neukölln, da kostet ein Plunderteilchen mit einem Klecks Pudding fünf Euro. Wir wollten eine Ernährungswende anstoßen, mit nachhaltig gutem Essen für alle, aber es ist so ein exklusives Insel-Ding draus geworden.

Ist Handwerk heute schon automatisch Luxus?

Das ist sicher in vielen Fällen so, aber ich wünsche mir eine breite Diskussion darüber. Nehmen wir doch diese Bewegung und versuchen, das breiter anzulegen, mit Wirtschaftsförderung, damit, dass man in Netzwerken denkt und über Geld redet. Aber in Berlin habe ich in meiner Zeit in der Markthalle eher erlebt, dass die SPD vor der Tür stand und gegen uns als angebliche Luxusfabrikanten demonstriert hat – da fehlt mir einfach der Gestaltungswille. Sonst kriegen wir in der Tat eine Entwicklung wie in San Francisco, wo es die handwerklichen Produkte nur noch für eine Oberschicht mit Tech-Gehältern gibt. In gewisser Weise haben wir von dort schon die ganze Bäckerszene bekommen – mit Croissants für fünf Dollar, die einzeln in der Vitrine ausgestellt werden.

Haben andere deutsche Städte aus dem Berliner Beispiel gelernt?

Nehmen wir Hamburg. Die haben in den letzten Jahren immer neidisch nach Berlin geguckt, sagten, sowas wollen wir hier auch haben. Nun haben sie eine eigene Markthalle. Aber die ist vernetzt in einem Food-Cluster. Da arbeiten KI-Experten, Food-Labs, Start-ups, die großen Messen und die kleine Markthalle zusammen. Die werden praktisch ins Rathaus reingetragen, die Wirtschaftssenatorin kümmert sich drum, da entstehen Strukturen, da ist Politik am Werk: Man versucht, in den Raum um die Stadt hinein zu strahlen. Da geht es irgendwann auch um Kohle, sehr wichtig.

Da klingt schon an, dass es längst nicht mehr nur um Bio-Möhren und glückliche Schweine geht, sondern um Digitalisierung. 

Bei mir hat das Thema gezündet, als ich in meiner Zeit mit „Kumpel und Keule“ im Silicon Valley mein vorletztes Buch über die neue Fleischkultur vorgestellt habe. Da saßen Leute, so alt wie ich, die arbeiten bei Meta, Alphabet und sonstwo, und alle sagten, hey, erzähl uns was vom Essen, wir sind die totalen Food-Fans. Die Google-Kantine sah aus wie die Markthalle Neun verzehnfacht, das Klischee vom Nerd, der am Monitor aus der Pappschachtel isst, stimmte überhaupt nicht. Umgekehrt: Alles, was ich nutze, um meine Themen zu kommunizieren, wird von Firmen aus diesem Umfeld gemacht. Nach dieser Reise wusste ich: Meine Arbeit der nächsten Jahre muss sich um die Digitalisierung der Food-Welt drehen.

Essen ist und bleibt analog.

Mag sein, ja. Aber ich glaube, dass alle Zukunftsfragen und Innovationen auch im Lebensmittelbereich mit Technologie zu tun haben, sei es in der Produktentwicklung, sei es in der Vermarktung, sei es über die neuen Wege: Wie kommen Leute eigentlich in meinen Laden? Wenn Sie bei Google Maps fragen, wo Sie denn in Berlin ein gesundes Mittagessen bekommen, dann kriegen Sie einen guten Vorschlag von der KI, ohne dass da ein Mensch draufgeguckt hätte, einfach auf Basis von Millionen Nutzerdaten. Um über eine Zukunft zu reden, die für alle funktioniert, kann es nicht sein, dass alle mit der Hand Brot backen und unbezahlte Praktikanten beschäftigen. Sondern wir müssen klären: Was macht der Mensch, was die Maschine? Und zwar so, dass da nicht nur billigstes Brot voller Zusätze rauskommt.

“Die Grüne Woche steht da wie ein Monolith und wird seit Jahren kaum angetastet.” 

Hendrik Haase über verpasste Chancen in der Berliner Ernährungspolitik

Tagesspiegel: Darüber wird doch auch in Berlin intensiv nachgedacht.

Haase: Ich habe in den letzten Jahren viele Food-Startups begleitet, war Jurymitglied bei verschiedenen Innovationspreisen. Und ich habe mir früh all die Innovationsorte angeguckt wie Kitchen Town oder den Food-Tech-Campus von Edeka, der vor einem Jahr dichtgemacht wurde.

Ist hier nicht groß aufgefallen.

Dazu eine Anekdote: Ich habe mal eine Delegation der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, die ja die großen Messen wie die Anuga Food Tec und die Agritechnica ausrichtet, nach Moabit geführt, zur Baustelle vom Moa-Bogen, wo Edeka damals seinen Food-Tech-Campus eröffnet hatte. Das war für die total neu. Später habe ich das beim „Food Innovation Camp“ in der Hamburger Börse Peter Tschentscher erzählt, dem Bürgermeister. Food Campus von Edeka sagte der, das ist natürlich in Hamburg? Nein, sagte ich, in Berlin. Das war damals so, genau solche Sachen sind in Berlin passiert. Heute gibt es das nicht mehr, es ist nur noch eine Abteilung in der Zentrale – in Hamburg. Die machen das ganz anders. Auch in München: Neulich habe ich ein Panel in der Lidl-Zentrale in Bad Wimpfen eröffnet, da waren sechs Start-ups auf der Bühne, eins aus Berlin, zwei aus Aachen, drei aus München. Die bayerische Landeshauptstadt war sogar aktiver Kooperationspartner des Accelerator-Programms.

„Die Zugänge zu unserem Essen werden immer mehr von Technologie und von Tech-Konzernen bestimmt“


Tagesspiegel: Politik und Wirtschaft tun zu wenig – aber dafür haben wir in Berlin doch zumindest die Grüne Woche als zentralen Treffpunkt der Branche.

Haase: Und was machen wir hier in Berlin daraus? Die steht da wie ein Monolith und wird seit Jahren kaum angetastet. Da treffen sich die Agrarminister aus über 70 Ländern und sehen dann diese traurige Berlin-Halle. Nichts gegen Curry 36 und Florida-Eis – aber wenn das die einzigen sind, die da die Berliner Food-Wirtschaft repräsentieren … Stattdessen gibt es dann solche Marketingkampagnen wie „Berlins Industrie pulsiert“, ein bedrohliches rotes Metallherz schwebt in Blade-Runner-Optik über der Stadt – das soll die offizielle Vision von Berlin sein?

Hat man in Deutschland das Zusammenspiel von Essen und Technik noch nicht verstanden?  

Ganz Europa ist in der Gefahr, abgehängt zu werden. Ich werde oft nach der Zukunft des Essens gefragt, kommt es aus dem 3-D-Drucker, solche Sachen. Aber mehr interessiert mich, welchen Einfluss selbstlernende Algorithmen wie ChatGPT auf unser Ernährungsverhalten ausüben werden. Wenn sie bei Siri zustimmen, dann arbeitet Apple in Zukunft mit ChatGPT zusammen. Das wurde kürzlich in einer großen Keynote illustriert, mit einem Kochrezept! „Siri, ich habe hier Lachs, Tomaten und eine Zitrone, mach mir doch bitte mal ein Rezept“.  Die Zugänge zu unserem Essen werden immer mehr von Technologie und von Tech-Konzernen bestimmt, und wir müssen verdammt aufpassen, dass das auf Wegen passiert, die wir wollen. Dann können Nachhaltigkeit, Gesundheit, Regionalität eine große Rolle spielen.

Wohin zieht es Sie, wenn Sie Berlin jetzt verlassen? 

Nach Andechs, ein Dorf in Oberbayern. Ein bisschen näher zur Natur und zur Landwirtschaft.

Transformative Ideen für nachhaltige Lebensmittelsysteme: Die AWS-Initiative in Österreich

Tür zu Jurysitzung der „Sustainable Food Systems Initiative“ in Wien

Unsere gegenwärtigen Lebensmittelsysteme stehen vor enormen Herausforderungen. Die Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaft sind allgegenwärtig und fordern ein radikales Umdenken. Es ist daher unerlässlich, dass wir die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, verteilen und konsumieren, überdenken. Dafür braucht es neue, frische Ideen, Experimente und Initiativen.

Genau hier setzt die „Sustainable Food Systems Initiative“ des Austria Wirtschaftsservice (AWS) an. Die AWS ist eine Förderungseinrichtung des Österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Innovation und Technologie und will mit dem Programm Innovator:innen fördern, die unser Lebensmittelsystemen ökonomisch, ökologisch und sozial gerechter gestalten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Sustainable Development Goals (SDGs), die als Leitfaden dienen. Als Jury-Mitglied darf ich die Initiative seit 2023 unterstützen.

Jury und Initiatoren der Initiative: Kerstin Derntl, Sabine Pümpel, Klaus Kastenhofer, Marianne Penker, , Gisela Hühn, Hendrik Haase, Christian Rammel, Hanni Rützler, Richard Petrasek

Gemeinsam stark: Vernetzung und Austausch

Neben der finanziellen Förderung legt die Initiative großen Wert auf die Vernetzung und den Austausch von Wissen und Erfahrungen. In zwei Bewerbungsrunden ist eine beeindruckende Community von mehr als 400 Akteur:innen aus Wissenschaft, Verwaltung, KMU, Start-ups und der Zivilgesellschaft entstanden. Diese Community ist ein wesentlicher Baustein für den Erfolg der Initiative. Durch regelmäßige Vernetzungstreffen und den Austausch in Erkundungsräumen schaffen die Initiatorinnen Sabine Pümpel und Kerstin Derntl eine Basis für neue Kooperationen und innovative Lösungsansätze.

Technologische Innovation als Schlüssel

Technologie spielt eine zentrale Rolle bei der Neugestaltung unserer Lebensmittelsysteme. Die Initiative unterstützt daher auch Projekte, die innovative technische Lösungen entwickeln, um unsere Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu gestalten. Bei der ersten Fröderungserunde durfte ich so u.a. CIRCLY, eine KI-gestützte Plattform, die die Zusammenarbeit entlang der gesamten Lebensmittellieferkette verbessert, kennenlernen. Durch die Optimierung von Bestands- und Bedarfsprognosen trägt CIRCLY dazu bei, Verschwendung zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.

20 spannende Projekte gab es an zwei vollen Tagen von 8.00-18.00 Uhr anzuhören, zu diskutieren und anschließend zu bewerten. Eine spannende Reise durch viele Ideen- und Lebensmittelwelten.

Ein Blick in die Zukunft

Die Reise des Förderprogramms hat gerade erst begonnen. In den kommenden Monaten wird der Ausbau der Angebote für die geförderten Projekte weiter vorangetrieben. Geplant ist, noch mehr Vernetzungs- und Erkundungsräume zu schaffen, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur:innen zu fördern. Dies ist entscheidend, um die Erkenntnisse aus einem breiten Spektrum heterogener Branchen und Gemeinschaften zusammenzuführen und in den Mainstream zu bringen.

Mein Engagement und Vision

Als Mitglied der aws Expert*innen Jury bin ich überzeugt davon, dass die „aws Sustainable Food Systems Initiative“ einen entscheidenden Beitrag zur Transformation unserer Lebensmittelsysteme leisten kann. „Dieses Engagement für ökologische, ökonomische und soziale Innovationen fördert inspirierende Blaupausen für die Zukunft unserer Lebensmittelsysteme“, habe ich kürzlich in einer Presseaussendung betont.

Diese Initiative und die vielen durch sie sichtbar werdenden Wege in Zukunft zeigen, dass Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.

ZDFinfo Doku - Streit ums Essen: Tier oder Tofu? 

Die Fleischbranche befindet sich im Mittelpunkt eines Kulturkampfes. 😡😍 Wie kann sie in den Märkten der Zukunft bestehen? 🤔

Mit dem ZDF Format „What the fact“ habe ich über die spannende Zukunft des Fleisches gesprochen und den hitzigen Diskurs rund um Steak und Würstchen.

Herausgekommen ist eine bunte Dokumentation, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und mit vielen Fakten gespickt ist.

📺 Die Doku gibt’s ab sofort in der Mediathek zusehen und linear am 24.6.2024 um 20:15 auf ZDF Info. ➡️ Unbedingt reinschauen und mitdiskutieren!

Doku in der ZDF Mediathek anschauen

Proteintransformation: Expert:innen-Dialog mit LIDL in Berlin

Auf der Bühne: Dr. Gereon Schulze Althoff (Tönnies), Dr. Christine Chemnitz (Agora Agrar), ich, Melissa Ott (FUTURY), Christoph Graf (LIDL), Dr. Katharina Riehn (DLG), Eva Bell (BMEL)

Anfang April versammelten sich rund 110 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in Berlin, um im Rahmen des „Lidl im Dialog“ Gesprächsformats die Zukunft der Proteinversorgung zu diskutieren. Der Fokus lag auf Fragen wie: Wie sieht die Proteinversorgung der Zukunft aus? Wie erreichen wir mehr Tierwohl? Und was erwartet die Gesellschaft von den Akteuren der Lebensmittelkette?

Jan Bock, stellvertretender Geschäftsleitungsvorsitzender der Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG, eröffnete den Abend. Er betonte Lidls Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt und erläuterte die Proteinstrategie des Unternehmens. Lidl will eine Vorreiterrolle beim Ausbau des pflanzlichen Sortiments einnehmen und hat erfolgreich die Preise für vegane Produkte an die tierischen Pendants angeglichen. Dies führte laut Bock zu einem Anstieg der Nachfrage nach pflanzlichen Produkten um über 30 Prozent.

Dr. Christine Chemnitz von Agora Agrar und Eva Bell vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hoben in ihren Vorträgen die Bedeutung pflanzlicher Proteine für Klimaneutralität und den Schutz der Biodiversität hervor.

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Eva Bell, Dr. Gereon Schulze Althoff von Tönnies, Christoph Graf von Lidl, Dr. Katharina Riehn von der Deutschen-Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) und ich über pflanzenbasierte Proteinquellen und die Weiterentwicklung des Tierwohls.

Einigkeit herrschte darüber, dass alle Akteure – vom Erzeuger über den Handel bis zum Konsumenten sowie die Politik – für eine wie auch immer geartete Proteintransformation zusammenarbeiten müssen. Der Übergang zu einer gesunden und nachhaltigen Proteinversorgung bietet große Chancen und Herausforderungen für alle Beteiligten.

Proteinquellen – egal ob pflanzlich oder tierisch – müssen sich heute an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit, Gesundheit und Genuss beweisen. Gleichzeitig sind die vollmundigen Versprechen von Start-ups und etablierten Herstellern einer rigorosen Realitätsprüfung ausgesetzt. Der anfängliche Hype flacht langsam ab und stellt Hersteller vor neue Herausforderungen.

Ich freue mich in der dynamischen Debatte mit ständiger Neugier, kritischem Verstand und einem experimentierfreudigen Gaumen dabei zu sein.

Interessant beim Leitmotiv der Veranstaltung (Rinder vs. Nüsse): Für die gezeigten Nüsse und Maulbeeren gibt es in Deutschland keine nennenswerte Produktion. Soll die Proteintransformation gelingen brauchen wir tragfähige Antworten für die Zukunft die auch hierzulande funktionieren.

Agrikultur 4.0: Die Zukunft der vernetzten Nutztierhaltung - Keynote zum DigiTier Abschluss

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt durch das Förderprogramm zur Digitalisierung in der Nutztierhaltung insgesamt 13 innovative Projekte mit etwa 12,5 Millionen Euro. Ziel dieser Förderung ist es, die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern, die Arbeitsbelastung der Landwirtinnen und Landwirte zu verringern und die Rückverfolgbarkeit entlang der Wertschöpfungskette zu erhöhen.

Durch diese Initiative haben sowohl Wirtschaftsunternehmen als auch wissenschaftliche Einrichtungen seit 2019 intensiv in Projekten zusammengearbeitet. Es entstanden wertvolle Netzwerke, ein intensiver Erfahrungsaustausch und eine bessere Sichtbarkeit des Themas in der Branche und darüber hinaus. Diese Kooperationen ermöglichen gezielte Innovationen und fördern die Gestaltung nachhaltiger Lösungen. Die Vernetzungs- und Transfermaßnahmen laufen noch bis April 2026 und beinhalten Wissenstransfer, Vernetzung und Evaluierung der Ergebnisse.

Die Zukunft der Landwirtschaft – Agrikultur 4.0

Bei der Abschlussveranstaltung des Förderprogramms durfte ich eine Keynote zum Thema „Agrikultur 4.0 - Die digitale Transformation unseres Lebensmittelsystems“ halten. Darin habe ich aufgezeigt, wie digitale Technologien die Landwirtschaft und Konsumgewohnheiten revolutionieren und das Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten verändern können.

Ein zentrales Thema war die Verantwortung, die dieser Wandel für alle Beteiligten mit sich bringt. Wie kann ein nachhaltiges und widerstandsfähiges digitales Ökosystem gestaltet werden? Welche Rolle spielen Menschen und Tiere in dieser neuen digitalen Welt? Mit ging es um einen visionären Ausblick auf die Zukunft der vernetzten Tier- und Menschenwelt und die entscheidende Bedeutung technologischer Innovationen für eine nachhaltige Nutztierhaltung in Deutschland.

Mein Appell an das Publikum war: Die Kontrolle über die Zukunft der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion muss in der Hand derjenigen bleiben, die direkt beteiligt sind. Es bedarf Forschung, Experimentierfreude und eines realen Nutzens für die Landwirtschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig sind profitable Geschäftsmodelle unerlässlich, um die Ergebnisse nachhaltig zu verwerten und einen langfristigen Nutzen zu gewährleisten.

DLG Podcast: "Internet of Food"

DLG-Podcast Food ist der Podcast für alle Experten in der Lebensmittelwirtschaft. Gemeinsam mit Experten aus dem Netzwerk der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft werden Lösungen für die aktuellen Herausforderungen der Lebensmittelwirtschaft diskutiert. Ich durfte auf der Branchenmesse Anuga Food Tec Stefanie Pionke Rede und Antwort stehen.

Worüber wir im Podcast sprechen:

”Digitale Innovationen und Künstliche Intelligenz (KI) revolutionieren die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, vermarkten und konsumieren. Die Lebensmittelproduktion wird personalisierbar und – beispielsweise auf individuelle Geschmacksvorlieben und Gesundheitsmerkmale – optimierbar. Damit steigt die Vielfalt ins Unermessliche, die gesamte Wertschöpfungskette muss sich im „Internet of Food“ vom Feld bis zum Teller vernetzen, der Point of Sale verschiebt sich komplett. Welche Chancen diese Entwicklung auf der einen Seite bietet, aber welchen Risiken wir auf der anderen Seite auch begegnen müssen, diskutieren wir mit dem Food-Experten und Publizisten Hendrik Haase.”

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Kita- & Schulverpflegung im digitalen Wandel - SZ über Vortrag in Bayern

Das Auditorium der Fachtagung in Fürstenfeldbruck - Foto: (c) Jana Islinger, SZ

Süddeutsche Zeitung Artikel lesen

Foto: (c) Jana Islinger, SZ

Wir müssen unseren Kindern einen gesunden Umgang mit digitalen Möglichkeiten rund um den Teller beibringen & verhindern, dass sie den Zugang zur analogen Welt verlieren.

In der letzen Woche habe ich vor Köch:innen und Pädagog:innen aus ganz Bayern sprechen dürfen, die in der Kita- und Schulverpflegung aktiv sind.

Die Zukunft der Kita- und Schulverpflegung steht im Zeitalter des technologischen Wandels vor enormen Herausforderungen, kann aber auch Chancen für nachhaltigere, gesündere und vielfältigere Angebote mit Hilfe von Technologie realisieren.

In der Vorbereitung auf meine Vorträge ist mir klar geworden, wie allein wir unseren Nachwuchs mit der digitalen Welt des Essens lassen. Weder Politik noch Ernährungsbildung gehen momentan genügend darauf ein. In den meisten Studien zu diesem Thema wird von Wissenschaftler:innen darauf hingewiesen, dass die Forschungslage arg dünn ist.

Gleichzeitig zeigen immer mehr Jugendliche ein problematisches Nutzungsverhalten und werden von Algorithmen mit "Fake Food News" und bedenklichen Ernährungsmyten geradezu überschwemmt.

Wir dürfen die nachwachsenden Generationen mit diesem Thema nicht alleine lassen!

Es freut mich daher, dass es in Bayern eine Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung gibt die sich an das Thema herantraut.

t3n-Interview: Wie KI und Tech unser Essen verändern

Die aktuelle Ausgabe des t3n-Magazins widmet sich dem Thema wie KI und Tech unser Essen verändern.

Jennifer Spatz und Kathi Preppner schreiben über KI-Prognosen für Brötchen, digitale Zwillinge für Schnitzel und MRTs für mehr Tierwohl.

Ich durfte mit den Autorinnen darüber sprechen wie KI-Anwendungen dabei helfen, dass wir weniger Lebensmittel verschwenden und wo die smarten Algorithmen schon überall in der Lebensmittelkette am Werk sind.

Es sind Projekte wie diese, die den Foodtech-Experten Hendrik Haase optimistisch stimmen. Gerade in der Landwirtschaft gebe es schon viele technische Lösungen: „Wir reden so gerne über autonomes Fahren oder Gesundheits-Apps. In der Landwirtschaft gibt es hingegen nicht den einen großen Roboter, der die ganze Arbeit auf einem Betrieb macht - aber es gibt sehr viele smarte Ansätze von Startups in Richtung CO,-Einsparung, in Richtung Tierwohl.

Jetzt kommt es darauf an, dass solche Ansätze in der Breite Erfolg haben."

Mehr auf t3n.de

Moderation: International Food Tec Award 2024 auf der Messe Köln

Es hat mich mit großer Freude erfüllt den diesjährigen International FoodTec Award auf der Köln Messe moderieren zu dürfen und den zahlreichen Innovator:innen der Lebensmittelbranche eine Bühne zu bieten.

Wir müssen den technologischen Wandel umsichtig, inklusiv, transparent & verantwortungsvoll gestalten. Besonders auf dem Teller!

Hinter jeder Technologie stehen Menschen, die sie entwickeln.

Geben wir ihnen ein Gesicht und noch besser eine Stimme, damit wir in den Dialog kommen.


💡 In meinen Eingangsworten bin ich auf die Reaktionen eingegangen, die rasche Veränderungen durch Technologie oft haben:

➡️ Romantisierung der Vergangenheit
➡️ Angst vor einer technologischen Dystopie
➡️ blindes Vertrauen in Technik als Allheilmittel

Keiner dieser Ansätze fördert ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem.

🚀 Innovationen treiben heute unser Lebensmittelsystem rapide voran, doch sind sie außerhalb der Food-Bubble, manchmal sogar innerhalb der Branche, oft schwer nach zu voll ziehen, ihre Auswirkungen schwer abschätzbar.

👆Innovator:innen, besonders im Food-Tech-Bereich, müssen sich ihrer Verantwortung für Gesellschaft, Kultur und Umwelt bewusst sein. 👉 "Responsibility" ist daher ein sehr zeitgemäßes Motto der Anuga FoodTec 2024

➡️ Technologischer Fortschritt muss mit der Gesellschaft, für die Gesellschaft erfolgen – denn er betrifft uns am Ende alle und das täglich.

Fotos & Aftervideo: DLG e.V.

Besonderen Dank an die tollen Interviewgäste aus der IFTA Jury auf der Bühne Katharina Riehn, Gänzle Michael, Tilo Hühn und Gi Eun Kim

“Technologien dienen keinem Selbstzweck. Sie müssen gestaltet werden” - Interview zur Anuga FoodTec 2024

Die Anuga FoodTec ist die Leitmesse für die Zulieferer der Lebensmittel- und Getränkeindustrie und findet dieses Jahr vom 19. bis 22. März 2024 auf der Messe Köln statt.

Das Magazin der Messe hat mich zu den Perspektiven und Herausforderungen in der neuen Nahrungsmittelwirtschaft befragt.

Agrarrobotik, Drohnen, künstliche Intelligenz aber auch alternative Proteine, Vertical Farming oder zelluläre Landwirtschaft – die Lebensmittelbranche ist in Bewegung. Eine New Food Economy will ändern, wie wir Nahrungsmittel produzieren, verarbeiten oder zu uns nehmen. Doch was ist eigentlich nötig, damit eine Idee auch auf den Markt findet, sich festsetzt und zur neuen Normalität wird? Der New Food Economy Experte Hendrik Haase sprach mit uns auf der Anuga FoodTec 2024 in Köln.

Hendrik Haase lebt für Lebensmittel. Und er baut Brücken. Früher zwischen Landwirtschaft und Konsumentenschaft, wobei es ihn vor allem um regionale Lebensmittel, Transparenz und Nachhaltigkeit ging. Heute stehen bei ihm Technologien im Mittelpunkt, und zwar entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Denn die Potenziale und Chancen unserer Zeit seien groß, sagt er. Doch es gäbe auch immer noch Gräben zwischen Urproduktion, Handel und Verbraucher. Wo er diese sieht und wie man sie überwinden kann, erzählt er uns im Interview.

Herr Haase, was meinen Sie eigentlich genau, wenn Sie von „New Food Economy“ sprechen?

Ich bin sehr viel in Food Labs und Food Hubs unterwegs. Dort finden sich Gründerinnen und Gründer zusammen, um an Ideen, an Technologien und an praktischen Dienstleistungen zu arbeiten, die sonst in der normalen klassischen Lebensmittelbranche nicht zu finden sind. Das ist für mich der Kern der New Food Economy. Und um diesen hat sich in den letzten Jahren ein durchaus vitales Ökosystem gebildet. In all den Labs und Co-Working-Spaces werden Lebensmittelketten, Lebensmittelproduktion, Lieferung, Handel, aber auch die Bewirtschaftung von Agrarflächen auf Basis innovativer Technologien neu gedacht. Aber ich muss dazu sagen, dass in den letzten Jahren auch in der klassischen Food Economy solche Wege gegangen werden. Unternehmen wie Fendt haben begonnen, Transformationszentren einzurichten; inhouse eigene Start-ups anzusiedeln oder Joint Ventures einzugehen. Auch das gehört für mich zur New Food Economy dazu.

Ein Roboter der Firma KUKA auf der Anuga FoodTec 2024

Das heißt, es wird wirklich die gesamte Kette vom Acker bis auf den Tisch und darüber hinaus betrachtet?

Ja, und das finde ich so spannend. In den Food Hubs und Labs sitzen Gründerinnen und Gründer zusammen, die an den unterschiedlichsten Dingen arbeiten. Der eine kreiert ein neues Proteinprodukt aus dem Fermenter, die andere baut eine KI-gesteuerte Agrarrobotik und nebenan wird an einer App zur personalisierten Ernährung mithilfe von selbstlernenden Algorithmen programmiert. Da wird interdisziplinär gedacht und gearbeitet – und zwar über diese gesamte Kette hinweg. Das schafft Synergien. Und dieser Blick über den eigenen Tellerrand hat der Branche aus meiner Sicht bislang gefehlt. Da wird es natürlich schwierig mit übergreifenden Innovationen. Die aber, so glaube ich fest, brauchen wir dringend für unsere Zukunft.

Die Old Food Economy hat uns ja sehr lange Zeit gut ernährt. Warum, denken Sie, sollten wir die Transformation zulassen oder gar aktiv vorantreiben?

Weil die Herausforderungen heute durchaus komplexer sind. Geopolitik, Klimawandel, Verbrauchererwartungen – all das beeinflusst die klassische Lebensmittelbranche mehr denn je. Das sehen wir nicht nur daran, dass es sie jetzt auch in Deutschland auf die Straße treibt. Und ich bin mir sicher: Um diese Herausforderungen zu meistern, ist ein grundlegender Technologiewechsel nötig. Überspitzt gesagt: Es wird nicht reichen, einfach nur über eine neue Reifenaufhängung am Traktor nachzudenken. Wenn wir an alten Technologien kleben und sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag optimieren, kommen wir nicht weiter. Wir müssen disruptive Gedanken zuzulassen. Auf der anderen Seite steht natürlich nach wie vor ein großer konservativer Anteil. Man hat das schon immer so gemacht und deshalb will man es eben weiter so machen. Aber wir merken ja an vielen Ecken und Enden, dass es so nicht weitergehen kann. Und dafür brauchen wir Impulse. Dafür brauchen wir einmal Visionäre und Visionärinnen, die weit in die Zukunft denken. Wir brauchen Gründerinnen, Entrepreneurs, Unternehmerinnen, die diese Transformation aktiv gestalten. Und natürlich, das will ich ebenfalls betonen, brauchen wir auch jene Unternehmen, die die Grundlast stemmen.

Unterwegs auf der Messe (Foto: DLG)

Die alte und die neue Welt stehen sich also nicht per se gegenüber, sondern sollten gemeinsam in die gleiche Richtung gehen?

Genau dahin müssen wir, auch wenn das leider häufig noch eher Wunschdenken ist. Gerade in der klassischen Old Food Economy werden diese Transformationsbemühungen gerne als Experimente von irgendwelchen Spinnern abgetan. Davor kann ich nur warnen. Das macht keinen satt. Ich glaube, wir brauchen da eine andere Innovationskultur, ein anderes Denken. Und da haben wir in Deutschland noch einiges aufzuarbeiten. Aber auch in der Start-up-Welt begegne ich immer wieder einer gewissen Hybris. Da denken manche: „Wir haben jetzt die Revolution auf dem Teller und alle werden das ab morgen essen.“ Doch das stimmt in vielen Fällen auch nicht. Da gilt es einen gewissen Respekt vor dem Erbe zu wahren. Denn die klassische Landwirtschaft sorgt natürlich nach wie vor dafür, dass wir alle satt werden.

Sie sprechen viel von Technologien, wenn Sie von der Transformation reden. Heißt das, die Technik wird’s schon richten?

Nein, eben nicht. Und das ist aus meiner Sicht eine der großen Herausforderungen. Und auch der Gefahren. Wenn man einfach nur auf neue Technologien setzt, vergisst man schnell den kulturellen Einfluss. Man vergisst die gesellschaftlichen Herausforderungen, die Politik und natürlich auch das traditionelle Wissen. Denn vieles, was in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten erprobt wurde, ist nicht per se veraltet. Auch das meine ich mit Hybris. Da kann man sich nicht einfach drüber stellen und erwarten, dass eine neue Technologie mit offenen Armen empfangen wird. Dafür braucht es eine funktionierende Innovationskultur. Denn viele der neuen Technologien wie datengetriebene Systeme oder selbstlernende Algorithmen sind wirklich mächtig, aber auch unsichtbar. Ein Traktor ist ein sichtbares Symbol. Und was man damit machen kann, weiß jedes Kind. Einen Algorithmus sieht man nicht. Und was der alles mit sich bringt, liegt auch oft im Verborgenen. Da ist der Blick unter die Motorhaube schwer.

Und schafft damit ein Spannungsfeld zwischen Innovation, Gesellschaft, Kultur und Politik?

So ist es. In Food Labs, bei Start-up, auf Messen wie der Anuga FoodTec – überall begegnet man Ingenieurinnen und Ingenieuren, die von ihren neuen Erfindungen begeistert sind. Immer kleinere Sensorik, immer smartere Algorithmen, herausragende Bilderkennung, umfangreiche Big-Data-Analysen. Diese Faszination teile ich. Das Problem entsteht dann, wenn man glaubt, das alleine würde genügen. In der Technologiegeschichte gibt es sehr viele Beispiele, die das Gegenteil zeigen. Die Swing Riots etwa. Das waren Aufstände Anfang der 1830er-Jahre in England. Damals sollten pferdebetriebene Dreschmaschinen eingesetzt werden, die ungefähr zehn Landarbeiter pro Dreschvorgang ersetzten. Das führte zu Angst um Arbeitsplätze. Zu Unmut. Und zu einer Gegenbewegung, die die Maschinen in Brand setzte. Das heißt, einerseits muss die Relevanz einer Innovation für alle erkennbar sein. Aber andererseits müssen auch ihre Folgen für alle Akteure offen diskutiert werden. Denn selbst die ausgereiftesten Technologien brauchen politischen und gesellschaftlichen Rückhalt. Und heute stehen gravierende Umbrüche vor uns; immer bessere Algorithmen, immer smartere Robotik; Biotechnologie; und am Horizont sehe ich schon die Quantencomputer. Das sind ernst zu nehmende Technologie, die wahnsinnigen Sprünge erzeugen werden. Doch Technologien dienen keinem Selbstzweck. Sie müssen gestaltet werden. Tun wir das nicht, werden wir Probleme bekommen. Dann haben wir moderne „Swing Riots“.

Foto: Anuga FoodTec 2024

Wo genau ergeben sich die Schwierigkeiten?

Schwierigkeiten sehe ich vor allem da, wo ich die Politik nicht als aktiven Gestalter wahrnehme. Denn sie ist leider allzu oft nur ein Player, der hinterherläuft und versucht, im Nachgang noch irgendetwas zu regulieren. Gerade bei so überaus komplexeren Systemen wie der Lebensmittelbranche führt das zu einem mangelnden Verständnis der Innovationen in der Gesellschaft. Diese wird erst dann damit konfrontiert, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Da sehe ich Probleme; und zwar auch für solche Innovationen, die wirklich sehr spannend und hilfreich sind.

Wie sehen solche Fallstricke für die New Food Economy aus?

Eine Analyse geht davon aus, dass der Faktor Mensch im Bereich von Essenszubereitung, Gastronomie, Farming, Fischerei und auch Forstwirtschaft in über 90 Prozent der Fälle durch Automatisierung ersetzt werden könnte. Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann sollten wir unbedingt öfter darüber reden. Zum Beispiel definieren sich heute noch sehr viele Bäuerinnen und Bauern über ihre Maschinen. Wenn aber die Agrarrobotik zu gravierenden Umbrüchen auf den Höfen führt, macht das ein neues Selbstverständnis nötig. Und das kommt nicht stillschweigend über Nacht. Nach wie vor ist der Traktor das Symbol unserer Landwirtschaft. Und das bereits seit 130 Jahre. Dieser kulturelle Aspekt ist eine Seite. Eine andere hängt mit unseren gesellschaftlichen Werten und Normen zusammen. Denn gerade disruptive Technologien greifen tief in die Gewohnheiten vieler Menschen ein. Da stehen dann plötzlich Themen wie soziale Sicherheit oder Hoheit über die eigenen Daten zur Disposition.

Bei diesen Themen weichen die Auffassungen je nach Land und Kulturkreis stark voneinander ab. Heißt das, es gibt auch ein Spannungsfeld zwischen globaler Skalierung und lokaler Anpassung?

Richtig. Und das ist ebenfalls eine der großen Herausforderungen. Wir kennen das aus vielen anderen Bereichen. Da haben wir uns in Deutschland und Europa von Technologien abhängig gemacht, die nach anderen Wertmaßstäben gestaltet worden sind. Nun versuchen wir, irgendwie im Nachgang anzupassen. Das beste Beispiel ist die ganze Diskussion rund um Social Media. Hier stemmen wir uns irgendwie entgegen. Um wirklich nach Europa passende Alternativen zu entwickeln, ist es jetzt zu spät. Ich glaube aber, dass wir im Food-Bereich dafür noch Chancen haben. Hier können wir noch Alternativen in die Welt setzen. Und hier haben wir auch unsere Stärken. Den Maschinenbau zum Beispiel. Und die Innovationsstandorte, die wir nutzen können. Hier müssen wir uns starkmachen. Denn sonst werden wir in Europa früher oder später auch im Bereich der New Food Economy hinterherhängen und nur noch versuchen, zu regulieren.

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NTV-Interview - "Ernährung wird vernetzter - vom Acker bis zum Teller"

Für die Ernährung der Zukunft brauchen wir kreative & innovative Ideen und Menschen, die sie umsetzen so dass alle davon profitieren. Mit dem Startup-Magazin von NTV habe ich über Innovator:innen in der Lebensmittelwirtschaft gesprochen, die als agile Vorreiter:innen neue, mutig Wege gehen.

Der richtige Einsatz von Technologie wird dabei entscheidend sein, um eine vielfältige, gesunde – und am Ende bezahlbare – Ernährung für mehr Menschen möglich zu machen. Den kulturellen Wandel, den es dafür ebenfalls braucht, sollten Start-Ups allerdings nicht unterschätzen.

Für eine wachsende Weltbevölkerung brauchen wir eine Kombination aus Hochtechnologie und traditionellem Wissen um mit tragfähigen und wissenschaftlich fundierte Innovationen in die Zukunft zu starten.

Plan C Podcast #28: Jetzt gibt’s was zu essen - aber nur virtuell!

Den Dokumentarfilmregisseur und Food-Aktivisten Valentin Thurn kenne ich schon seit Langem. Wir lernten uns 2010 im Rahmen unseres Engagements gegen Lebensmittelverschwendung kennen. Zu jener Zeit arbeitete Valentin an seinem preisgekrönten Film „Taste the Waste“.

In seinem Podcast „Plan C“ diskutiert Valentin zusammen mit seinem Co-Host Severin Hoensbroech und verschiedenen Gästen alles, was die Welt rund um den Teller bewegt.

Ich hatte die Ehre, mit ihnen über die digitale Transformation unseres Lebensmittelsystems zu sprechen.

Es gibt ja kaum etwas, was wir mehr tun, als essen. Essen bestimmt eine großen Teil unseres Lebens und damit auch unserer Wirtschaft. Dennoch kommt es uns ziemlich analog vor - Bits kann man schließlich nicht essen. Wie schockierend digital unser Essen inzwischen schon geworden ist, hat uns der Food-Blogger Hendrik Haase erzählt - und möglicherweise verlieren wir gerade die Kontrolle über unser Essen.

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Jahresthema: KI als Helfer in der Gemeinschaftsverpflegung

Catering Management die Fachzeitung für Gemeinschaftsverpfleger und Catering-Unternehmen widmet den Titel ihres Jahrbuchs 2023 dem Thema KI in der Gemeinschaftsgastronomie.

Ich freue mich, dass mein Impuls bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung prominent erwähnt wird.

Es entstehe eine digitale Ess- und Arbeitskultur, so Haase - darauf müssten sich alle Akteurinnen und Fachkräfte einstellen. Sie sollten seiner Meinung nach ein Auge z.B. auf die Entstehung von Tools und Algorithmen haben, damit nicht Start-ups oder Großkonzerne wie Google oder Apple darüber bestimmten, was z. B. künftig als gesunde Ernährung gilt. Es bräuchte klare Qualitäts- und Ethikstandards, Transparenz bei der Entstehung neuer Technologien und kraftvolle regulatorische Rahmenbedingungen sowie eine Zusammenarbeit aller Akteurinnen der Lebensmittelketten inklusive Politik und Behörden.

(…)

Fazit und Ausblick

Digitale Entwicklungen und KI spielen auf allen Ebenen der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln sowie im Gesundheitsbereich eine immer größere Rolle. Die Entwicklung wird sich in naher Zukunft rasant fortsetzen. Das bietet Chancen, birgt aber zugleich Risken.

Wichtig ist es für alle AkteurInnen, die neuen Techniken kennen und verstehen zu lernen, sie aber auch zu hinterfragen, vor allem hinsichtlich der Entstehung von Algorithmen. Oder, wie es Haase aus-drückt, immer zu fragen: „Wer sitzt da an den Schalthebeln? Wer hat entschieden, wie die Sachen funktionieren?".

Genuss 4.0 - Bäckerhandwerk in Zeiten des digitalen Wandels - Keynote beim BÄKO Workshop

Video: Ausschnitt aus meinem Auftritt beim BÄKO Workshop in Berlin

Titel der Ausgabe 01/2024 des BÄKO-Magazins

Wie verändert sich das Lebensmittelhandwerk in Zeiten des digitalen Wandels und warum haben klassische “Food-Trends” in Zeiten von KI ausgedient? Das waren nur zwei Fragen, die ich auf der Bühne des BÄKO-Workshops in Berlin beantworten sollte.

Die BÄKO ist eine Genossenschaft aus Bäckereien und Konditoreien in ganz Deutschland, Österreich und darüber hinaus. Die im Estrel-Hotel Neukölln versammelten Bäcker:innen reagierten beeindruckt, teils verblüfft auf meine Einsichten in die digitale Welt des Backhandwerks.

Im Nachgang berichtete auch das Mitglieder-Magazin über meine Thesen und Prognosen.

Ich habe mich sehr gefreut, dass ich als Inspirationsquelle für “Tradition mit Zukunft” dienen konnte.

Das Lebensmittelhandwerk braucht ein neues Selbstverständnis in Zeiten ökologischer und digitaler Transformation", ist Hendrik Haase überzeugt. Basierend auf einem neuen Verhältnis von Mensch und Maschine müsse echtes Handwerk wieder als Gefühl, ja als Haltung verstanden und vermittelt werden.

Bühnenbilder 2023 - Ein Rückblick

2023 haben mir wieder viele Menschen zugehört. Wenn ich von der Bühne komme freue ich mich jedes Mal über die vielen Anregungen, das Lob und auch die Kritik an der ein oder anderen Stelle. Diese Begegnungen machen mich ungemein dankbar und demütig. Lassen mich jedes Mal inspiriert nach Hause fahren.

Es freut mich sehr meine Gedanken, Visionen und meine Kritik so offen und frei, so bunt und vielfältig vor so vielen Entscheider:innen der Branche zeigen und formulieren zu dürfen.

Die Branche – unsere Lebensmittelwelt vom Acker bis auf den Teller – steht vor enormen Herausforderungen, vor Entscheidungen aber auch vor Chancen auf eine Weiterentwicklung. In manchen Teilen sind es sogar Revolutionen die anstehen und die wir dringen benötigen um die Grenzen unseren Planeten nicht weiter zu überstrapazieren.

Wenn ich nur hier und da für Funken der Inspiration sorgen kann, für Ideenblitze, für ein bisschen mehr Mut, für Aufbruchstimmung, dann ist das alles was ich will.

Lasst uns die Zukunft gemeinsam anpacken. Mit Freude, mit Genuss und mit Hingabe und Leidenschaft für das Gute.

P.S. So sehr ich die Bühnen liebe ob groß oder klein, für das neue Jahr 2024 nehme ich mir vor, wieder mehr draußen zu sein. Auf Höfen, im Grünen, auf der Straße bei Protesten, in Backstuben, Schlachthäusern, Metzgereien bei Saatgutzüchter:innen oder Bienenhalter:innen. Draußen bei denjenigen, die jeden Tag dafür sorgen dass wir satt werden. Ich bin gespannt ob mir dies gelingt.

“Was ist KI? Wo wirkt das ent­lang der Lie­fer­kette? Geht das wie­der weg?” - Keynote beim Branchendialog der Food-Finanzierer

Im Rahmen des 10. Branchendialogs Agrar & Ernährung, einer führenden Dialogplattform, die von der Wirtschaftsberatung Ebner & Stolz organisiert wird, wurde ich gebeten einen kleinen Crashkurs in Sachen “KI und Lebensmittelbranche” auf die Bühne zu bringen.

Pu­bli­zist und Food-Ak­ti­vist Hen­drik Haase tauchte mit den Teil­neh­mern des Bran­chen­dia­logs tief in die Zu­kunfts­sze­na­rien für die Agrar- und Ernährungs­in­dus­trie ein und stellte gleich zu Be­ginn die ent­schei­den­den Fra­gen: Was ist KI? Wo wirkt das ent­lang der Lie­fer­kette? Geht das wie­der weg? Die klare Ant­wort: Nein, das geht nicht mehr weg und wird uns künf­tig auch in der Agrar- und Ernährungs­in­dus­trie be­glei­ten.

Künst­li­che In­tel­li­genz hat in­zwi­schen in vie­len Be­rei­chen der Bran­che Ein­zug ge­hal­ten. Das Ein­satz­spek­trum der Al­go­rith­men reicht von der Pro­dukt­ana­lyse über die Ern­te­vor­her­sage bis zur in­di­vi­du­el­len Ge­stal­tung von Es­sensplänen in Pfle­ge­ein­rich­tun­gen und der Über­wa­chung von Back­pro­zes­sen mit­tels Ge­ruchs­ana­lyse. „Es han­delt sich um einen Pa­ra­dig­men­wech­sel, wir kom­men in eine an­dere Welt hin­ein“, be­schrieb Hen­drik Haase die be­reits zahl­rei­chen An­wen­dungsmöglich­kei­ten für KI, die weit über den Be­griff der „Di­gi­ta­li­sie­rung“ hin­aus­ge­hen. Al­ler­dings gilt auch für die KI-Trans­for­ma­tion: es braucht Mut und In­ves­ti­tio­nen in die Wei­ter­ent­wick­lung und Verände­rung der Ge­schäfts­mo­delle, wenn aus Da­ten und Ideen Nut­zen ge­zo­gen wer­den soll. Vor al­lem aber: „Be­grei­fen Sie Tech­no­lo­gie als Werk­zeug und nicht als et­was, das ein­fach über uns kommt“, ap­pel­lierte Haase an das Au­di­to­rium.

Beim Branchendialog tauschen sich regelmäßig Top-Entscheider aus Industrie und Finanzwirtschaft zu aktuellen Problemen, neuen Entwicklungen und künftigen Herausforderungen der Agrar- und Ernährungsindustrie aus.

Die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung stehen dabei im Mittelpunkt der Diskussionen. Für weitere Informationen, besucht bitte die Veranstaltungsseite von Ebner Stolz.

Aftermovie zum 10. Branchendialog von Ebner & Stolz

Gemeinschaftsverpflegung im Aufbruch: Vortrag bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Nach meiner Keynote gab es Gelegenheit Smaltalk und Fragen aus dem Publikum

Bei der Arbeitstagung 2023 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) am 30. August 2023 im Wissenschaftszentrum Bonn hatte ich die Ehre, mein Wissen und meine Expertise im Bereich KI und Technologie-Einsatz in der Gemeinschaftsgastronomie zu teilen.

Vor einem Publikum aus führenden Wissenschaftlern und Experten habe ich innovative Ansätze präsentiert, die zeigen wie digitale Technologien die Effizienz und Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung steigern könnten aber auch vor den Risiken unbedarften Einsatzes gewarnt.

Die Gemeinschaftsgastronomie versorgt täglich Millionen Menschen. Sie spielt eine Schlüsselrolle für eine zukunftsorientierte Ernährung. Die vielfältigen Herausforderungen in diesem Bereich können aus meiner Sicht nur durch den smarten Einsatz von KI und Technologie effektiv angegangen und gelöst werden.

Die Diskussionen und der Austausch auf der DGE-Arbeitstagung waren eine wertvolle Gelegenheit, um gemeinsam Visionen für die Zukunft der Gemeinschaftsgastronomie zu entwickeln und die Branche in eine nachhaltige und technologisch fortschrittliche Richtung zu lenken.

Foto: © Gerhard Seybert

Keynote beim Ernährungsgipfel Mitteldeutschland in Weimar

“Transformation der Ernährungswirtschaft - Verantwortung übernehmen, Stärke zeigen” so lautete das Motto des Mitteldeutschen Ernährungsgipfels in Weimar.

Ich durfte direkt nach dem Wirtschaftsminister von Thüringen Wolfgang Tiefensee eine Keynote zum Thema “Künstliche kulinarische Intelligenz” halten. Mein Vortrag zeigte dabei nicht nur wie neue Technologien die Lebensmittelwelt vom Acker bis zum Teller revolutionieren, sondern auch wie wenig Orte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen existieren, an denen Innovationen aktiv gefördert und ermöglicht werden.

Die Lebensmittelwirtschaft braucht kreative Köpfe und Expert:innen für neue Technologien – und das nicht nur in Berlin, Hamburg und München.

Mitteldeutschland darf kein weißer Fleck sein, wenn es um Innovationen in der Lebensmittelwirtschaft geht. Während in den urbanen Metropolen Food-Hubs und -labs entstehen, bleibt die Mitte Deutschlands weitestgehend leer. Innovativ:innen finden so in Dresden, Leipzig oder Erfurt kaum Anknüpfungspunkte oder Aufmerksamkeit für ihre Ideen und Konzepte.

Besonders gefreut hat mich daher, dass beim Ernährungsgipfel am Ende einige Student:innen für ihre Arbeiten ausgezeichnet wurden. Diese Köpfe dürfen aber nicht die Abwanderung als einzigen Weg zum Erfolg für ihre Innovationen sehen.

Die digitale und nachhaltige Transformation der Lebensmittelbranche muss ein gesamtdeutsches Projekt werden. Nur als ein starkes Netzwerk wird Werttbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext entstehen können.