Auf der Wintertagung ‘19 der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft habe ich mich während eines Forums aus dem Publikum zu Wort gemeldet und angemerkt, dass ich die momentane Diskussion im Raum, die Menschen “aus der Stadt” und "den Medien” als wütende Landwirtschaftsverächter darstellt, nicht ganz nachvollziehen kann. Für mich war das Bild “wir gegen die” zu kurz gegriffen, zu aggressiv und zu unpassend für die Welt, in der ich und viele andere leben. "Ich kenne viele Menschen, für die sind Bauern und Bäuerinnen die neuen Stars, deren Produkte sie lieben.” entgegnete ich.
Im Anschluss wurde ich von einer jungen Frau, Lea Fließ, angesprochen, ob ich es mir vorstellen kann ein- bis zweimal im Jahr die Kommunikation des “Forum Moderne Landwirtschaft” als Beirat anzuschauen.
Das “Forum Moderne Landwirtschaft” ist ein Zusammenschluss vieler Unternehmen unter Vorsitz des Deutschen Bauernverbandes. Mit dabei sind auch große Chemieunternehmen wie Bayer, Dow oder K+S. Das Forum betreibt nicht nur den Erlebnisbauernhof auf der Grünen Woche sondern veranstaltet auch vielerlei Aktionen, die Landwirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen und das angeschlagene Image der Branche aufbessern sollen. Wenn man das Forum googlet ist der zweite Vorschlag “forum moderne landwirtschaft kritik” und auch die Dokumentation “Gekaufte Agrarpolitik?” in der ARD lies kaum ein gutes Haar an der Kommunikationsplattform der Agrarwirtschaft.
Warum fragt das Forum also mich? Was soll ich da tun? Und lohnt sich ein Engagement für dieses Netzwerk?
Die Debatte rund um unsere Lebensmittel und die Landwirtschaft, die dahinter steht, wird immer intensiver geführt. Auf der einen Seite stimmen mich diese Entwicklungen sehr, sehr hoffnungsfroh, da sich immer mehr Menschen mit den Ursprüngen ihrer Lebensmittel auseinandersetzen und Gedanken machen, was auf ihre Teller kommt. Auf der anderen Seite werden die Anfeindungen und Vorurteile auf beiden Seiten zum Teil immer extremer und das Wissen rund um die Urproduktion wächst angesichts fehlender Schulfächer wie “Kulinarik” nur langsam.
Als letzte Woche mein Appell für mehr Offenheit in der Landwirtschaft und einen zeitweiligen Ausbruch aus der Filterblase im Agrarfachmagzin TopAgrar erschien, kam es aus der Leserschaft teilweise zu harschen Beleidigungen, Gewalt- und sogar Mordfantasien. Oft nur, weil ich mit meinem Bart und Hut in das Klischee eines “unwissenden Hipsters” passe, der wieder “nur an der Landwirtschaft rumnörgeln” will. Meine Kommentar hatten dabei offenbar nur wenige gelesen.
Auf der anderen Seite kennen viele Landwirte inzwischen auch Attacken: im Netz, aber auch am Feldweg von wütenden Bürgern oder “radikalen Tierrechtlern”, für die LandwirtInnen pauschal nur noch giftsprühende Umweltzerstörer und Tierquäler sind.
Beides ist nicht in Ordnung. Beides führt nicht zu besseren Lebensmitteln. Beides spaltet.
Ich habe bei zahlreichen Reisen gelernt, dass die Realität auf den Äckern und Feldern, genauso wie in den Ställen ganz unterschiedlich aussehen kann. Es gibt sicher vieles zu verbessern und zu kritisieren aber noch viel mehr zu loben und wert zu schätzen.
Ich glaube wir müssen uns der Realität hinter den Dingen die uns umgeben stellen, ob wir sie nun mögen oder nicht. Ich glaube wir müssen ins Gespräch kommen um etwas zu verändern. Ich glaube es ist wichtiger miteinander zu reden als übereinander. Kritik wird gehört, aber auch nur wenn man selbst selbst-kritisch ist.
Aus diesem Grund habe ich mich dafür entschieden die Arbeit des Forums wie gewünscht zu begutachten und meine Meinung dazu abzugeben. Für dieses Engagement bin ich bereit meine Zeit zu investieren, auch wenn ich dafür keine Vergütung annehme.
Vor 6 Jahren habe ich mich zum ersten mal auf ein sogenanntes Lobbyistentreffen in Berlin getraut. Dort traf ich vom landwirtschaftlichen Sprecher der Grünen bis zum Unternehmenssprecher von Coca Cola alle, die in Berlin rund um den Bundestag die Zukunft auf unseren Tellern beeinflussen wollen. Festredner des Abends war Joachim Rukwied, der damalige und jetzige Präsident des Bauernverbandes.
Als ich in der anschließenden Debatte einwarf, dass es immer mehr Menschen gibt, die wissen wollen woher ihre Lebensmittel kommen und sogar bereit sind mehr zu zahlen, wenn sie eine höhere Qualität, einen besseren Geschmack oder mehr Nachhaltigkeit geliefert bekommen, wurde mir von vielen Anwesenden nur ein Lächeln geschenkt. Man wollte lieber über die Märkte in Afrika und China reden. Meine Ansichten wäre eine reine Luxusdebatte.
Inzwischen gibt es Bioland-Produkte beim Discounter, florierende Markthallen, neue Tierschutzsiegel und viele junge Unternehmen von Acker bis Teller, die eine offenere und transparentere Lebensmittelproduktion als zukunftsträchtiges Wirtschaftsfeld sehen. Ich kenne viele LandwirtInnen, die inzwischen neue Allianzen mit ihren KundInnen schließen und auf gemeinsames Handeln setzen.
Ich bin überzeugt, dass wir für eine genießbare Zukunft mehr Brücken als Gräben brauchen. Ob die Brücken des “Forum Moderne Landwirtschaft” in die Zukunft tragen, will ich mir daher gerne anschauen. Ich bin gespannt was mich beim nächsten Treffen des Beirates im November erwartet.