Das Agrarfachmagazin TopAgrar hat mich gebeten einen Blick von außen auf die Landwirtschaft zu werfen. Der Gastbeitrag findet sich im akutellen Heft wie online.
Wir erleben eine Epoche in der Lebensmittel und Ernährung einen immer wichtigeren Stellenwert im Leben vieler Menschen einnehmen. Die modernen Esskulturen brechen dabei unsere klassischen Malzeiten auf, sind flexibler und individualisierter als je zuvor. Treiber für diese Entwicklungen sind vor allem jüngere Generationen. Für sie wird Ernährung immer mehr zum Ausdruck der eigenen Identität und des individuellen Lebensstils. Trends zu mehr pflanzlichen Lebensmitteln, Fast Good statt Fast Food und das gestiegene Interesse an Herkunft, Produktion und Zusammensetzung von Lebensmitteln bieten dabei ungeahnte Chancen für all diejenigen, die Lebensmittel anbauen und herstellen.
Neben Starköchen sind heute bereits junge BrauerInnen, kreative BäckerInnen und gläserne MetzgerInnen auf dem Weg zu neuem Rockstar Status. Ich bin fest davon überzeugt, das LandwirtInnen in Zukunft eine ähnliche Stellung einnehmen werden, denn wer wenn wenn nicht sie arbeiten an den großen Fragen unserer Zukunft?
LandwirtInnen sollten die enormen Potentiale erkennen, die in diesen Entwicklungen liegen und eine Auseinandersetzung mit Trends und den Kunden von Morgen suchen, anstatt sich in immer gleichen Klischees zu suhlen und in Facebook-Gruppen Hass auf den „dummen Städter“ und Vegetarier zu schüren, der angeblich keine Ahnung von Landwirtschaft haben.
Hoffnung macht mir eine neue Generation auf Höfen, in Backstuben, Laboren und Küchen, die untereinander vernetzt und nah am Esser über die Zukunft nachdenkt und handelt. Fernab alter Grabenkämpfe und Klischees nutzen sie Technik, Know How und Genuss um nach neuen Wegen in die Zukunft zu suchen. Oft sind es Quereinsteiger und Amateure, die zusammen mit Profis neue Lösungen entwickeln. Alte Lieferketten werden dort zu modernen Netzwerken, Hochhausdächer zu Stadtgärten und alte Tierrassen zu neuen Stars auf den Tellern.
Anderenorts erkennt man in dieser Bewegung längst enormes Potential und unterstützt die GründerInnen mit Kapital, Know-How und dem notwendigen Respekt, der hierzulande noch an vielen Stellen der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik fehlt.
Ernährung wird immer mehr zur Sprache, mit der wir uns heute die Welt erklären. Wir sollten uns daher bemühen vom Acker bis zum Teller eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Diese kann nur im Dialog und mit Offenheit von beiden Seiten erlernt werden. Verschiedene Stimmen, Dialekte und Ausdrucksweisen sollten wir dabei nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung und Chance für die Zukunft wahrnehmen.